Desinformation und Demokratie

Shownotes

Den Podcast von Mads findet ihr [hier](https://menschmaschine.podigee.io/)

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Podcast_hatespeech_mixdown.mp3

Sven Kindervater: Danke, liebe Maria, für die schöne Einleitung. Das gibt mir die Möglichkeit, dass wir gleich einsteigen. Frau Strack- Zimmermann, ich würde gerne mit ihnen anfangen, und zwar erst mal allgemein. Gehen wir ins Grundverständnis rein, dass wir uns alle miteinander abgeholt haben. Wie erleben sie denn Fake News, Hate Speech und haben sie auch ganz persönlich schon Cyberangriffe im Bereich Desinformation vielleicht auch schon erlebt?

Maria-Agnes Strack-Zimmermann: Ich würde mal sagen, das sind zwei Ebenen, also Fake News. Generell erleben wir ja gerade eins: Mittel, Krieg zu führen, der übrigens heftiger ist als jedes Bombardement, um das leider so aussagen zu müssen. Wir erleben das seit dem russischen Angriff auf die Ukraine. Wir erleben es jetzt massiv, nachdem die Hamas Israel angegriffen haben. Damit wird ja, das sehen wir auch, gerade, die ganze Welt in Bewegung gesetzt mit Großprotesten. Das ist das eine, das andere, Hate Speech mir gegenüber erlebe ich natürlich, von morgens bis abends geht mir offen gestanden am Allerwertesten vorbei, weil sonst müsste ich meine Arbeit einstellen, wenn ich da drauf reagieren würde. Ich zeige an, um das auch zu sagen, heftige Angriffe und das auch sehr erfolgreich. Also, jeder darf sich dann freuen, wenn der Post von der Staatsanwaltschaft bekommt. Aber ich glaube, das eine ist das eine und das andere das andere. In diesem Kontext muss man einfach auch darauf hinweisen, und ich glaube, das haben viele Menschen noch gar nicht, oder kann man sich gar nicht vorstellen, wie viel Trolle im Netz sind, also Menschen, die es gar nicht gibt und die eben dann auch eine Diskussion sozusagen befeuern, und das muss man Menschen beibringen, den wahren Menschen vom Troll zu unterscheiden.

Sven Kindervater: Herr Pankow, das was Sie gerade gehört haben, das sind ja auch Eingriffe in Kommunikation, und für mich ist die Frage, das heißt so, das ist jetzt neu, das ist ah, das ist jetzt so schlimm, und so weiter. Sie beschäftigen sich ja auch immer damit, so ein bisschen auch zurückzugucken, geschichtlich auch zugucken, Vergleiche zu machen, vielleicht auch mal einzuordnen. Helfen sie uns doch jetzt mal genau auch an dieser Stelle. Sind denn so eine Art von Kampagne neu, oder ist etwas einfach ein bisschen anders als vorher?

Mads Pankow: Das ist eine hervorragende Frage, weil die Überraschung natürlich jedes Mal, wenn, wenn ein neues Medium genutzt wird, um falsche Informationen zu verbreiten, sehr groß ist. De facto kann man zurückgucken: Bildmanipulation gibt es exakt so lange, wie es Fotografie gibt, also schon die ersten, die Erfinder der Fotografie, haben mit Mehrfachbelichtung und Retuschen gearbeitet, um Dinge darzustellen, die nie da waren, um eben die Eigenschaften dieses Mediums nochmal besonders hervorzuheben. Wir können hier vermeintlich Wahrheit zeigen, aber es findet gar nicht statt. Man kann auch weitergucken: Buchdruck, da wurden weniger Bücher gedruckt als hauptsächlich Flugschriften, Schmähschriften, viele politische Kampagnen wurden darüber geführt, ganze, ganze Nationen sind am Ende durch solche Dinge auch zugrunde gegangen. Muss man ganz ehrlich sagen. Und ja, ich meine, man kann beliebig lange zurückgehen. Ob die Bibel oder der Gilgamesch Epos jetzt heutigen fact checking so standhalten würden, muss man sich ja auch fragen. Also, die Geschichte der Medien ist eine Geschichte der Manipulation, und entsprechend haben sich natürlich Kontrollmechanismen herausgebildet über die Jahrhunderte. Wir haben Redaktionssysteme, die sich intern kontrollieren, die sich gegenseitig kontrollieren, aufeinander reagieren. Wir haben Presserecht entwickelt, Medienrecht, wir haben die Wissenschaft, wir haben Quellenkritik, also wir haben sehr, sehr viele Mechanismen, Zensur, zum Teil auch, um solchen Sachen entgegegenzuwirken, und das hat lange gut funktioniert, solange man diese Redaktionsmedien hatte. Rundfunk hat sich sehr stark natürlich auch durch öffentlich-rechtliche erwehren können. Die machen auch Fehler. Da passiert auch mit, da passiert auch mal was. Tendenziell gibt, Kontrolle, wie wir es leider gerade erleben durften, völlig richtig. Aber das läuft natürlich schon ganz anders in den sozialen Medien, wo es diese Redaktionen und Kontrollmechanismen nicht gibt. Man versucht jetzt gerade, hinterher zu kommen wie mit dem Digital Service Act, der die entsprechenden Regulationen hochziehen soll. Aber man muss auch gleichzeitig beobachten, dass sich einfach mit Empörung, mit Rage Farming, wie man es nennt, viel Geld verdienen lässt. Leute reagieren da drauf, es gibt Traffic, es gibt Aufmerksamkeit, und die lässt sich in Geld übersetzen, und das sehen wir auch gerade an bestimmten Menschen, die einen Dienst formal gekauft haben und jetzt aus entsprechenden Konsens ausgestiegen sind und selber Falschinformationen auch verbreiten. Eben dann, das ist gefährlich.

Sven Kindervater: Wir gucken uns das gleich auch noch mal an die aktuelle Situation und gehen noch mal in Detail ein. Frau Metzen, Google hat ja ein Stück weit Verantwortung als Anbieter, aber sie haben natürlich auch Serviceleistungen, die man nutzt. Ob das Mail ist, ob das Google Drive – Google ist natürlich mit am Start. Wenn sie jetzt aus Sicht eines IT- Unternehmens, was natürlich vor allem eigentlich erstmal Servicegedanken hat, Kunden nach vorne hat und dann aber sieht, wie der eigene Service vielleicht auch missbraucht wird, was, was erleben sie dort und was können sie tun? Es gibt ja die schöne Dokumentation: Hacking Google ist keine Anleitung, sag ich mal vorweg, zu jedem, der jetzt gehofft hat, jetzt kommt ein Anleitungsvideo. In welchem Bereich können sie dort als IT-Unternehmen aktiv sein? Was erleben sie im Bereich Cyber-Kriminalität und vor allem auch Desinformation?

Eveline Metzen: Ja, ganz herzlichen Dank, dass sie auch sozusagen diese zweigeteilte Frage an mich stellen, und ich würde wie Frau Strack-Zimmermann auch ein bisschen getrennt darauf antworten wollen. Also zum Einen: Cyber-Kriminalität ist natürlich ein hochkomplexes Feld, und das rangiert von kriminellen Einbrüchen in Datenbanken bis hin zum Erschleichen von Passwörtern, und das hat technische Komponenten, aber es hat eben auch menschliche Aspekte, und deshalb sind auch beide so die Hauptfelder im Kampf gegen Cyber-Kriminalität. Das eine ist IT-Sicherheit und das andere Aufklärung und Aufklärung ist wirklich ein zentraler Ansatz für Sicherheit im Netz. Also wer weiß, wie eine Phishing-Mail aussieht, der wird auch weniger wahrscheinlich darauf antworten, aber auch zu dem Bereich Desinformation. Wer weiß, wie man falsche Informationen erkennen kann, der wird auch eher dazu übergehen, Informationen zu überprüfen, zu hinterfragen. Als Unternehmen - Sie haben es angesprochen - mit enorm großer Reichweite haben wir da natürlich eine ganz besondere Verantwortung, einmal natürlich sozusagen Nutzerinnen und Nutzer zu schützen, aber auch sozusagen zur Sicherheit des gesamten Ökosystems beizutragen, und wir können auf den verschiedenen Feldern, die wir gerade angesprochen haben, unterschiedlich viel tun. Also, das eine ist, dass wir kontinuierlich an modernen Sicherheitslösungen arbeiten für unsere Produkte, sie haben es gerade angesprochen für Cloud Lösungen. Wir haben dafür extra in München das Google Sicherheitscenter gegründet vor einigen Jahren und stellen diese auch anderen Unternehmen zur Verfügung, und wir arbeiten auch kontinuierlich an der Weiterentwicklung und konsequenten Umsetzung unserer Richtlinien gegen Betrugsversuche, aber auch eben bei bestimmten Kategorien von Desinformation so. Das ist das eine, was man auf der technischen Seite machen, auch gegen Desinformation. Auch da greifen eben diese Richtlinien und sind ein sehr, sozusagen ein gutes Mittel. Auf der anderen Seite das, was sie gesagt haben, Frau Strack-Zimmermann Aufklärung. Also zum einen im technischen Bereich bieten wir Sicherheitstrainings an, aber wir haben dieses Jahr auch eine sehr breit angelegte Kampagne durchgeführt hier in Deutschland mit sechs NGOs, um Menschen dabei zu helfen, Manipulationsversuche zu erkennen, und wir setzen da auf die Pre-Bunking Methode, die im Gegensatz zur Bunking Methode Menschen in die Lage versetzen möchte, Manipulationstechniken zu erkennen, ehe sie mit Falschinformationen in Kontakt kommen. Und das funktioniert so, dass wir auf YouTube, Instagram und Facebook Videos ausgespielt haben, als bezahlte Werbung also durchaus erkennen war, und diese Videos zeigen Menschen in Alltagssituationen und geben aber, wenn sie so wollen, so eine Mikro Dosis von einer Manipulationstechnik, und am Ende des Videos wird dann die Situation aufgeklärt, und es wird dann denjenigen, die das Video angeschaut haben, genau erklärt, welche Manipulationstechnik hier gerade angewandt wurde, um so eben ein ja zu zeigen, dass dies auch im realen Leben passieren kann, um die Menschen in die Lage zu versetzen, das dann zu erkennen. Und wir haben damit 42 Millionen Menschen erreicht, und wir haben auch direkt Umfragen durchgeführt und konnten so eben auch feststellen, dass die Verbesserung beim Erkennen von Manipulationstechniken und 10,8 Prozent gestiegen ist. Also das ist eben auch wichtig. Man kann auch eben als Plattform- oder Serviceanbieter sehr viel auf der technischen Seite machen mit Richtlinien, was erlaubt ist an Inhalten, was wir nach oben spiegeln oder nach unten oder wo wir auch Anbieter von Inhalten verwahren und gegebenenfalls, wenn notwendig, dann löschen. Aber das andere ist eben diese massive Aufklärung.

Sven Kindervater: Moment, ich würde da gerne noch kurz bei ihnen bleiben, weil ich das gerade sehr spannend fand. Wir wollen mal ein bisschen überleiten zur aktuellen Situation. Ich weiß ja auch, dass sie bei Google sehr stark auch beobachten, sozusagen, was im Netz unterwegs ist. Vielleicht können sie uns in aller Kürze der Würze auch noch mal ein bisschen mitgeben, ob sie das auch so sehen, dass vor allem den letzten zwölf bis 24 Monaten sich auch nochmal was verändert hat, und wenn ja, was, was hat das auch mit ihren Strategien gemacht?

Eveline Metzen: Ja, absolut, das kann ich tatsächlich sozusagen aus Google Sicht leider nur bestätigen, was Frau Strack-Zimmermann gesagt hat. Wir haben einen Cybersecurity-Arm bei Google „Mandiant“ und die haben letztes Jahr einen Bericht herausgebracht „Fog of War“, der eben bestätigt hat, dass in den ersten vier Monaten des letzten Jahres seit dem Angriff auf die Ukraine durch Russland die Angriffe massiv gestiegen sind, und das wirklich mit einer zerstörerischen Gewalt, und dass das die gesamte Cyber-Security Landschaft nachhaltig verändert hat. Und es hat auch schon vorher sind diese Maßnahmen durch Russland schon massiv angestiegen, also Cyberangriffe, staatlich finanzierte Phishingangriffe, und es wurden eben durch China, und es sind sowohl offene, staatlich unterstützte Medien, es sind aber auch verdeckte Plattformen, es sind verdeckte Konten, die genutzt werden, um die öffentliche Wahrnehmung des Krieges zu beeinflussen, und wir sehen das eben auch, und, Frau Zimmermann, sie haben es erwähnt, dass eben das Internet auch in Zukunft eine wesentliche Rolle im bewaffneten Konflikten spielen wird. Das wird sozusagen die traditionelle Form von Kriegsführung ergänzen. Wir sehen das jetzt eben im Kontext des brutalen Angriffs der Hamas auf Israel, und wir als Unternehmen, wir können zu allem durch Intelligence eben sehr, sehr viel aufdecken und beitragen und eben auch sozusagen staatlichen, sozusagen Playern hier Unterstützung bieten. Aber wir nutzen natürlich auch unsere eigenen Teams und Produkte, um dem aktiv entgegenzuwirken. Wir geben kostenlose Securitys aus und Sicherheitssoftware. Wir haben das im Fall der Ukraine gemacht, also da agieren wir was.

Sven Kindervater: Ja, danke, Frau Doktor Strack-Zimmermann, da will ich nämlich gerne bei Ihnen nochmal auf den Alltag kommen. Sie sind sehr präsent, weil sie sich sehr stark einsetzen sehen. Sie lassen sich auch nicht irgendwie verscheuchen, sondern gehen da mit voller Kraft rein. Das Entscheidende, was, was ich mich gefragt habe, und den Vorteil, den wir jetzt mal haben, dass wir mit Ihnen persönlich sprechen können, ist natürlich, wie kann ich mir das jetzt ganz persönlich vorstellen? Also, wer sich schon mal damit beschäftigt hat, so einen Arbeitsantrag von einer, von einer Abgeordneten, ist ja jetzt sowieso schon 80, 90 Stundenjob, das heißt, man hat ja eigentlich zu tun. Jetzt kommt noch dieses sich wehren gegen Cyberkriminalität, weil sie eben auch in Ihrer Funktion, aber auch in ihrer persönlichen Überzeugung sich natürlich auch der Sache stellen. Wie darf ich mir den Alltag bei ihnen vorstellen, und müssen sie was anders machen? Jetzt, sagen wir mal, in den letzten zwei Jahren? Sie sind ja jetzt nicht erst seit gestern dabei.

Marie-Agnes Strack-Zimmermann: Ja, ich muss was anders machen, wenn sie mir erlauben- Ich würde gerne noch einen Satz zu dem Bereich sagen, weil das ja sehr spannendes Thema ist. Ich habe sowohl meine Magisterarbeit als auch meine Promotion über die Bildsprache gemacht, also wie man eben, was gerade gesagt wurde, wie man eben schon immer versucht hat, über Bilder Geschichten zu erzählen, also eine Geschichte erzählt, ein völlig schräges Bild dazu, das kennen wir ja auch. Da habe ich schon einen Prozess geführt, weil man eine Geschichte erzählt hat und mein Konterfei reingebaut hat. Das habe ich auch anwaltlich klären lassen. Das nur am Rande. Ich glaube, das ist das eine. Das zweite ist aber, was heute ist, so dramatisch ist, dass die unglaubliche Geschwindigkeit, dass eben das Flugblatt, was ja immer abgeworfen wird, übrigens auch heute wieder, Flugblätter, also die Möglichkeiten, Einfluss zu nehmen in Kriegsführung ist, natürlich durch diese Geschwindigkeit, man drückt einmal auf den Knopf, und dann ist das, einmal geht es einmal um den Erdball, natürlich eine dramatische Veränderung, und dass man auch ungebildete Schichten erreicht. Denn man muss ja, wenn man informiert wird oder auch ein Flugblatt in der Hand hält, lesen können und sie erreichen natürlich heute durch Bilder auch Leute, die Analphabeten sind, das muss man einfach so sagen, die komplett ungebildet sind. Also, wir reden jetzt nicht von schwachen Schülern, weil auch bei uns das Bildungsniveau ja dramatisch nachgelassen hat. Also, selbst wenn man ein Fachmann ist, eine Fachfrau ist in irgendwas, heißt das nicht, dass man eine Allgemeinbildung hat. Das muss ich leider sagen. Also, Geschwindigkeit, und wie erreiche ich auch ungebildete Menschen, ist eine völlig neue Dimension der wir, der wir eben gegenüberstehen, so. Jetzt komme ich auf meinen Alltag. Also grundsätzlich ist mein Alltag, wie er ist, weil ich möchte mich nicht aus meinem Alltag und meiner Art zu arbeiten, in irgendeiner Weise einschränken lassen. Was aber anders ist, dass mein Büro sensibilisiert ist, dass wir genau schauen, was im Netz passiert, dass wir eben auch unter die Decke gucken. Also nicht das, was so oberflächlich ist, du blöde Kriegstreiberin, da gähne ich ja nur, sondern wenn es richtig hart zur Sache geht. Das heißt, wir kennen das ganz genau. Das bedeutet, dass Arbeitskraft auch abgezogen wird für das, was eigentlich meine Aufgabe ist, nämlich auch belesen zu sein, mich in Themen einzuarbeiten, um auch eine Antwort zu geben, einfach auch um Ahnung zu haben.

Sven Kindervater: Haben sie da ein konkretes Beispiel, wie ich mir das vorstellen kann?

Marie-Agnes Strack-Zimmermann: Ich habe eine, ich habe mein Büro, ich habe meine wissenschaftlichen Mitarbeiter, und ein Teil ihrer Arbeit ist inzwischen auch zu gucken, ob ich angegriffen werde oder ich bin im Wahlkreisbüro. Meine Mitarbeiterin hier im Wahlkreisbüro organisiert die Reisen für mich, die ich als Abgeordnete in Deutschland mache, also nicht spezifisch in Berlin, sondern ich reise ja auch, um, wenn ich eingeladen werde, um Vorträge zu halten, um Politik zu erklären, um es mal so zu machen, und da arbeiten wir sehr eng mit der Polizei zusammen, die dann wiederum, ob es Aufrufe gibt, wenn ich irgendwo bin, ob es Aufrufe gibt, ja einfach für Unruhe zu sorgen, so dass ich dann eben auch entsprechend begleitet werde. Insofern ist, dass sie das zwei Schritte mehr und ziehen natürlich Arbeit ab. Ähm, aber das ist eben so. Und auf der anderen Seite möchte ich als Abgeordnete ja auch nicht im Schatten sitzen und nicht sagen, also, dann hätte ich auch meinen Job verfehlt, und dass ich Vorsitzende des Ausschusses geworden bin, dieses Ausschusses der Verteidigung. 77 Tage später greift Russland über, zum zweiten Mal die Ukraine an, und jetzt dieses Drama in Israel, was ja kein Zufall ist. Auch das muss man ja Menschen erklären. Die Rolle Russlands ist ja eine besonders perfide, gerade ohne das jetzt hier zu verdeutlichen. Die Rolle Chinas und die Angriffe sind natürlich schon länger, also losgelöst. Der Wahlkampf in den vereinigten Staaten ist massiv beeinflusst worden. Wir gehen davon aus, dass die Bundestagswahl, auch die Europawahl, massiv beeinflusst wird. Um das Abstimmungsverhalten der Leute zu begleiten, konnte man auch gerade in der Slowakei erleben. Also, das ist schon ernst, und ich glaube, dass die Arbeit einer Abgeordneten noch vor einigen Jahren, wenn ich jetzt sage, etwas gemütlicher war. Dann möchte ich da nicht den Menschen, den Kollegen zu nahe treten. Aber da konnte man morgens ins Büro, konnte man lesen, Fakten sammeln, Anträge schreiben. Wir haben ja auch viele Gremien, arbeiten in der Fraktion und so weiter, und das wird heute auch, diese Zeit wird auch geraubt, eben dadurch, dass man sich im Netz zur Wehr setzen muss.

Sven Kindervater: Das Spannende ist ja, wir machen ja bei Deutschland sicher im Netz auch das Projekt Politikerin sicher im Netz. Das richtet sich vor allem an die 200.000 politischen Aktiven, von denen die meisten auch ehrenamtlich tätig sind, und das klingt schon ein bisschen so, als wenn wir, sagen wir mal, in unserem Verständnis einer repräsentativen Demokratie gerade einen Zustand haben, wo nicht alle Lust oder Kraft haben, sich im politischen Prozess einzubringen, weil es eben bedeutet, auch in einem besonderen Fokus zu stehen. Sie sagen, Ihnen macht das nichts, Sie schütteln das ab. Das glaubt Ihnen auch jeder, weil sie das wirklich auch ausstrahlen. Aber es trifft ja nicht jeden. Und wenn man jetzt sagt, ich bin ein Papa, ich möchte mich engagieren für Sozialpolitik, ich bin Unternehmerin, ich möchte gerne was für die Wirtschaft vor Ort tun, und dann kommst du rein ins Parlament, sehen Sie das auch, dass wir da eigentlich also ein Normalzustand darf es ja eigentlich nicht bleiben und werden, oder?

Marie-Agnes Strack-Zimmermann: Ja, also das das, was sie ansprechen, ist auch genau das, was mich treibt. Also diese Anzeigen, die ich aufgebe, mache ich jetzt nicht ausschließlich, um dem eine oder anderen mal die rote Karte zu zeigen und zu sagen: Pass mal auf bis hierher und nicht weiter, sondern ich mache es, weil ich einfach in meinem Umfeld sehe, da gibt's es inzwischen Studien, dass sich in Deutschland die Menschen, weil die Lage so komplex ist, immer mehr auf ihr Persönliches, auf ihr Privatleben zurückziehen. Wenn man das macht, wenn man aufhört, sich zu engagieren, sei es kommunalpolitisch, ich habe das über 20 Jahre gemacht, sei es für in Anführungszeichen die vermeintlich kleinen Dinge, was passiert eben vor meiner Haustür, wenn man das nicht mehr macht aus Sorge, das man angegriffen wird, verbal, schlimmstenfalls auch körperlich, dann wird diese Demokratie ihrem Ende entgegengehen. Und das, was wir gerade erleben, ist ja ein Angriff auf Freiheit und Demokratie und das Zersetzen von innen macht man, indem man eben Menschen, die grundsätzlich Interesse haben, sei es mit einem Mandat oder sei es auch in einer Bürgerbewegung oder in einem wie auch immer geartet, wird, man die Leute klein und ruhig machen, weil sie sagen: Mensch, ich habe doch Familie, ich habe Kinder. Ich möchte nicht, das ist alles nachvollziehbar, aber das ist natürlich höchst gefährlich, und ich glaube, genau daran liegt das System, nämlich von außen Kriege anzuzetteln, aber eben die Demokratie auch von innen auszuhöhlen. Und da sind die, die die Demokratie nicht wollen, schon sehr weit gediehen, weil ich erleb das doch auch persönlich, dass Menschen, Freunde, Bekannten sagen, wie erträgst du das? Wie kannst du dich dieser Situation aussetzen? Weil man natürlich mit einer amöben Masse auch von Vollpfosten zu tun hat, die sie auch intellektuell oder in einer interessanten, spannenden Diskussion, die auch Spaß macht - eigentlich bin ja auch in die Politik gegangen, um zu diskutieren. Eine gute Diskussion im deutschen Bundestag ist eine Delikatesse für jeden. Wenn sie es aber mit Leuten zu tun haben, die zu blöd zum was weiß ich was sind, dann wird es eben problematisch, und damit verschrecken wir die, die sich engagieren, und Demokratie ohne Engagement ist Ende der Demokratie!

Sven Kindervater: Ich gieß mal noch etwas Feuer rein, und dann kommen wir zu den Lösungen, Herr Pankow, Sie uns nochmal, weil ich in letzter Zeit, wir haben das Thema schon angesprochen, da haben Sie auch einen spannenden Podcast, den wir an der Stelle auch gerne mal erwähnen möchten. „Mensch, Maschine“ - kann ich nur empfehlen, wird vor allem sehr gut erklärt, was so ein Large Language Model ist und so weiter und damit will ich nämlich auch mal überleiten. Jetzt hört man immer, alles wird sich ändern und so weiter. Vielleicht kommen wir später auch mal zu, dass vielleicht auch Mut machen kann. Aber wird sich Desinformation vielleicht auch noch mal beschleunigen? Und wenn ja, in welchen Bereichen?

Mads Pankow: Ja, da gibt es eine theoretische und eine praktische Antwort auf die Frage. Die Theoretische ist ja irre gefährlich, also wen man sich vorstellt, dass man mit ein paar Zeilen, die man in natürlicher Sprache tippt, quasi Zehntausende tendenziöse Posts produzieren kann. Jetzt haben wir die aktuellen Large Language Models, die politisch entsprechend überwacht sind, sodass sie keine falsche Informationen oder wenig oder nur mit extremen Umständen produzieren. Das heißt, dass die trainiert werden, trainiert werden durch Menschenhand, um dafür zu sorgen, dass jetzt man nicht einfach zum Beispiel Chat GPT oder Bard nutzen kann, um aus der aus der Lameng viele 1000 tendenziöse Post, rassistische Posts oder ähnliches produzieren zu lassen. Das ist natürlich immer begrenzt, aber die funktionieren schon sehr gut. Aber man muss sagen, Large Language Models gibt es auch, Open Source Variante kann man auch jeder im schnelleren Heimrechner installieren und dann persönlich produzieren und sich sozusagen sein eigenes Dooms-Day-Decive, produzieren, was dann in Masse Fakeposts mit einer sehr spezifischen Mechanik und sehr spezifischen politischen Ausrichtung machen könnte. Theoretisch sogar soweit, dass man über die entsprechenden, also Schnittstellen in soziale Medien integriert, dass Das Large Language Model beauftragt. Hier machen wir eine ganze Kampagne die schreibt, die Post kreiere die Bilder durch Bild Generatoren, lege die Accounts an, schreib die Biografie, lasst die ein paar Monate Posten, dass wir erst mal Leute aggregieren. Also theoretisch ist es technisch extrem gefährlich. Könnte sich eine Einzelperson seinen eigenen Propagandaapparat, was jetzt noch aufwendig in Fabriken in St Petersburg passiert, produzieren? Praktisch, muss man sagen, ist noch nicht passiert. Es gibt verschiedene Theorien, warum. Der Gegner ist nicht da, also daran wird es nicht liegen. Die werden das schon versuchen, aber es scheint extrem schwer zu sein, tatsächlich Reichweite zu erzeugen in solchen sozialen Netzwerken. Man kann viele Bots sich gegenseitig folgen lassen, aber wenn sich die selber erzählt, wie schlimm die Welt ist, dann ist das natürlich wenig glaubwürdig. Praktisch muss man das anders lesen. Was passiert gerade im Bereich KI und Desinformationen? Wir hatten ja zum Beispiel, Benjamin Netanyahu israelischer Ministerpräsident hat in den sozialen Medien ein Bild gepostet, und es ist wirklich also von… einem verbrannten Säugling, von einem angezündeten verbrannten Säugling, und relativ schnell kamen Zweifel auf. Ist dieses Bild echt? Ja, dann hat Al-Jazeera gesagt, wir haben eine Bilderkennungssoftware drüber gelaufen lassen, die hätte gesagt, vielleicht ist es KI kreiert? Wahrscheinlich, ja. Wahrscheinlich ist es KI-kreiert. Die Software Anbieter haben sich gewehrt, haben gesagt, nee, nee, so eindeutig ist das hier nicht. Es sind immer nur Prozentränge, und wahrscheinlich sind 40 Prozent nicht. Dann kam auf einmal ein Bild zutage, das gleiche Bild: Leichensack, blaue Handschuhe, aber statt dem verbrannten Säugling lag ein lebender Hundewelpe in diesem Bild, und es hieß, das ist das Original, man hat es manipuliert, es gab das Original, dann hat man Bildforensiker und das ist heute im Beruf nie daran gesetzt zu sagen, rekonstruiere das! Was ist jetzt hier echt? Was ist falsch? Tatsächlich stellt sich heraus: Hundebild, höchstwahrscheinlich falsch oder sehr eindeutig falsch. Verbrannter Säugling, höchstwahrscheinlich echt. Was ich damit nur sagen will, die Technologie von Generatoren und Detektoren wird ein ewiges Wettrennen bleiben. Wir werden niemals, was ja die Hoffnung ist, Detektoren haben, die uns die sozialen Netzwerke von Fake News und am besten von allem Hate Speech und allem frei machen. Das ist immer ein Wettlauf. Wir werden immer eine Durchlässigkeit haben, und wichtig ist ja auch gar nicht, ob es am Ende markiert ist als echt oder falsch. Was funktioniert, ist Zweifel. Fake News sollen Zweifel streuen. Sobald der Zweifel da ist, ist die Wahrheit vorbei. Wer jetzt wirklich, wie in dem Krankenhaus dann eine Bombe hat fallen lassen? Es ist völlig egal, ob das noch aufgeklärt wird. Wer die Nordstream II gesprengt hat, es ist völlig egal, wer das, ob das noch aufgeklärt wird, Der Zweifel ist das Entscheidende, der Zweifel an die politischen Institutionen, der damit gesehen wird, und der Zweifel an den redaktionellen Medien, wo am Ende, das ist die Absicht der Fakes, Verbreiter rauskommen soll, ob nur redaktionell kuratiert wird oder nicht, am Ende steht doch überall nur manipulierte Informationen, und das halte ich für extrem gefährlich, so jetzt.

Marie-Agnes Strack-Zimmermann: Ja, und das haben wir ja schon, wenn ich das kurz ergänzen darf, ich halte das auch für unvorstellbar gefährlich, und das Ganze wurde ja besonders getriggert in der Corona Zeit, wo die großen Verschwörungstheoretiker, Verschwörungsheinis, da um die Ecke kam, sind übrigens dieselben, nicht die gleichen, sondern dieselben, die jetzt auch aktiv sind, die also alles hinterfragt haben, also wo eine Impfung plötzlich irgendein Chip war, der einem irgendwie was… Also, und da sind wir wieder bei dem Thema Bildung. Wir erleben ja auch gerade so im Kleinen, wenn eine SMS kommt, in der Drinsteht: Hallo Papa, ich habe eine neue Telefonnummer. Also ich meine, wer sowas glaubt, der ist ja wirklich vor dem Tisch gerannt, denn ich glaube, dass Papa vielleicht andere Sachen sagen würde und auch ansprechen und so weiter. Aber diese Versuche hat es ja immer gegeben durch Telefonanrufe bei alten Menschen. Ich bin dein Enkelkind: Schick mir Geld, komm mal zur Bank und gib es mir, wo man gedacht hat: Hallo, das, das, das ist ja so, das kann doch gar nicht funktionieren, und es funktioniert eben und wird eben jetzt sozusagen. Diese analoge Form des Betrugs wird eben auch in das, in das Netz getragen, und was ich auch sagen wollte, gerade das Thema, was sie sagten, das Thema, diese Bilder, welche Bilder werden verwandt? Es ist ja bei der Bundeswehr schon 2017 der Fall gewesen, dass die Bundeswehr die erste Armee war bei allen Schwächen, die sie hat, aber in diesem Fall eben sehr wach, dass sie den Informationsraum, also Kommando CYR, gegründet hat, also Cyber- und Informationsraum, weil man eben sehr früh oder sehr schnell erkannt hat, dass eine Kriegsführung eben auch auf dieser Ebene stattfindet. Und nochmal, ich halte diese für deutlich gefährlicher als alles, als die Wahrscheinlichkeit, das eine Bombe hier einschlägt, ist definitiv minimal, gemessen an dem, dass hier eine kommunikative Bombe bereits gezündet ist, und das kann eben nur meines Erachtens, dem kann nur geantwortet werden durch Aufklärung, und zwar nicht nur bei jungen Menschen. Auch bei alten Menschen, die durchaus bereit sind, wird ja oft immer so getan, dass jeder über 70 digitaler Hirni ist. Das stimmt ja gar nicht. Also in meinem Freundeskreis sind alle richtig aktiv im Netz unterwegs, benutzen auch ihr Handy zu bezahlen und so weiter, dass man diese Gruppe mitnimmt an der Stelle, dass man in der IT schon anfängt. Ich habe Enkelkinder, ich kann ihnen sagen, die gehen mit dem Handy um, als ob das eingepflanzt ist. Also, es ist eine Frage, das Curriculum der Bildung zu erweitern. Dazu müssen sie aber auch Lehrerinnen und Lehrer schulen. Wenn ich mich heute mit einem dreißigjährigen Gymnasiallehrer unterhalte, wie deren Ausbildung war, und der Weg ist ein weiter mit Studium, in allem läuft man da sieben Jahre, bis man unterrichten darf. Die haben sich damit nie beschäftigt. Die bekommen von ihren Schülern erklärt, was Sache ist. Also Curriculum heißt eben auch in die, in die Bildungseinrichtungen, die Ausbilder, also Train the Trainer. Da kann ich nur sagen, da haben wir auch unglaublich viel verschlafen. Das sind andere, das können die Fachleute hier besser erklären. Ich glaube, dass da andere Länder deutlich weiter sind. Bei uns leben aber 84 Millionen Menschen und wir sind ein potenziell, wir sind eines der reichsten Länder der Erde, damit auch von großem Interesse, was hier passiert und da haben wir auch keine Zeit mehr. Ein, vielleicht noch ein Satz zur künstlichen Intelligenz, das birgt natürlich auch riesige Chancen. Übrigens auch in der Wehrhaftigkeit eines Landes kann künstliche Intelligenz natürlich - wir sehen ja heute schon die Reaktionsgeschwindigkeiten bei der Abwehr russischer Raketen auf die Ukraine, also dass die Systeme, die wir auch der Ukraine liefern, die hochintelligent sind, also in einer Tausendstelsekunde berechnen können, dass die Rakete, die anfliegt, landet die auf dem Acker, und man lässt sie durchgehen oder landet sie auf einem Hochhaus und man wehrt sie ab. Also, künstliche Intelligenz hat große Chancen. Ich glaube, was nur wichtig ist an der Stelle, man sagt relativ schnell, Mensch, die Amerikaner gehen damit um, die Chinesen nutzen es und wir in Europa blockieren das. Also, blockieren darf man es auf keinen Fall. Aber wir müssen natürlich einen Rahmen setzen. Wir müssen natürlich Spielregeln einziehen, nicht um die Kraft der künstlichen Intelligenz, die Vorteile zu nutzen, sondern eben um sehr schnell Spielregeln einzuziehen, weil wir sonst einfach überrollt werden und immer wieder hinterherrennen werden. Wird wahrscheinlich sowieso passieren, aber uns zumindest bemühen, nicht hinterher zu rennen.

Sven Kindervater: Damit würde ich gerne überleiten, dass jeder von Ihnen gerne noch mal den Zuhörenden was mitgibt, was Lösungsansätze und Perspektiven angeht. Frau Strack-Zimmermann, ich bin ihnen auch sehr dankbar, dass sie auch noch mal die Bildung angesprochen haben. Wir haben ja hier unser Projekt DigiBits, was wir mit unseren Mitgliedern gestalten. Da machen wir genau das, dass wir versuchen, nicht bloß im IT- Unterricht sozusagen mal darauf hinzuweisen, die Technik zu benutzen, sondern wie man das Spielerisch oder eben auch informativ in den Deutschunterricht, den Sachkundeunterricht, in den Matheunterricht einbetten kann? Das ist ein sehr kleines Projekt, weil wir eben das mit unseren Mitgliedern entwickeln. Da müssen wir vielleicht auch mal gucken, ob es vielleicht auch ein Interesse gibt, das mal sozusagen auf eine andere Ebene, auch eine staatlich geförderte Ebene, zu heben. Frau Matzen, genau, da würde ich nämlich mit überleiten. Sie sind ja mit Google auch sehr engagiert bei Deutschland sicher Netz. Seit vielen, vielen Jahren unterstützen sie hier Projekte wie Polisin und mich würde mal interessieren, also die zwei Ansätze, wir haben es jetzt auch immer sagte, was kann KI, was versuchen sie vielleicht auch in der Technologie möglich zu machen und vielleicht auch zu ermöglichen? Sie sind viel im Open Source Bereich tätig, und das zweite, wie sehen sie das mit der Bildung, mit dem Thema der Bevölkerung engagieren? Sollten sich mehr Unternehmen, so wie sie das tun, auch, sagen wir mal, mit NGOs wie wir es sind, auch einsetzen?

Evenline Metzen: Ja, definitiv, es haben ja Frau Strack-Zimmermann und auch Herr Pankow eben erwähnt, künstliche Intelligenz kann sozusagen zum negativen Einsatz kommen. Es kann auch gezielt unsere Demokratie, unsere Gesellschaft angreifen, kann aber auch helfen, dagegen vorzugehen. Oder im positiven im Sinne. Deep Fakes können durch künstliche Intelligenz geschaffen werden, aber auch erkannt werden, und für Faktenchecker kann eine gut trainierte künstliche Intelligenz ein unschätzbares Hilfsmittel sein. Also insofern bin ich bei ihnen. Einerseits ist es wichtig, dass wir auch in Europa und in Deutschland ermöglichen, künstliche Intelligenz zu nutzen, weiterzuentwickeln, und andererseits brauchen wir einen sehr, sehr klaren Leitplan: Ähm, das Potenzial von KI ist riesig, auch für die Wirtschaft, und deshalb ist es auch eben wichtig, dass, weil sie uns das ermöglicht, auch in Deutschland und Europa unsere Wettbewerbsfähigkeit sozusagen auch bei uns zu erhalten, gleichzeitig diese Leitplanken, da bin ich auch bei ihnen, Frau Strack-Zimmermann, die brauchen Anbieter, die brauchen wir alle, anders kriegen wir das nicht in den Griff, und da sind wir bei der Regulierung. Das ist unabdingbar. Wir als Google unterstützen auch den, der gerade auf europäischer Ebene diskutiert wird. Ich glaube, was wichtig ist, auch zu ihrem Punkt, Frau Zimmermann, dass wir es nicht überregulieren und nicht verhindern, sondern dass wir wirklich gucken, dass wir diese Technologie nicht unter Generalverdacht stellen, will ich mal so sagen, sondern uns auf die Anwendung von KI konzentrieren, die im Hochrisikokontext sind, und dort, wo es drauf ankommt, müssen wirklich die strengsten Regeln gelten und Unternehmen können natürlich selber auch was tun. Also, einerseits haben wir hier die Notwendigkeit der Politik, genau diese Leitplanken einzurichten. Andererseits können auch Unternehmen, und das stimmt mich auch ganz hoffnungsfroh, auch Selbstverpflichtungen entwickeln. Wir haben das ja auch sozusagen beim Thema Inhalte gesehen, dass Unternehmen sich ihre eigenen Hausregeln erstellen, und genau genauso haben wir auch in den USA jetzt gesehen, dass große Anbieter eine Selbstverpflichtung entwickelt haben, zusammen mit dem weißen Haus, und die sehen eben unter anderem vor, dass KI- generierte Inhalte als solche gekennzeichnet werden, und daraufhin wurden auch schon eben die Wasserzeichen von Google für KI- generierte Bilder ausgerollt. Ich glaube, das ist zum einen wichtig. Also es können Unternehmen tun, dann kann die Politik etwas tun, und natürlich ist es auch ein gesamtgesellschaftlicher Ansatz. Unternehmen können Organisationen, wie die sind, aber auch andere NGOs darin unterstützen, diese Aufklärung zu betreiben. Medienkompetenz, und da gebe ich ihnen beiden Rest, ist absolut unabdingbar, und da müssen wir alle anpacken. Und ja, deshalb ist ja die Arbeit von DsiN für uns so wichtig, und deshalb unterstützen wir es auch, weil sie einfach Verbraucherinnen und Verbraucher in die Lage versetzen, oder durch den Internetführerschein, aber auch Unternehmen durch Sicherheitschecks, und beide sind elementare Bestandteile.

Sven Kindervater: Der Digitalführerschein, Herr Pankow, erste Frage, haben sie den schon gemacht?

Mads Pankow: Natürlich nicht. Deswegen falle ich ja auch auf Fake News noch rein. Nein, das nur so halb ironisch. Ich erwische mich natürlich durchaus bei so conformation bias, dass man die Sachen liest, die einem ins Weltbild passen und die anderen bisschen nicht. Vielleicht soll ich den wirklich mal machen.

Sven Kindervater: Auf jeden Fall. Also kann ich hier allen Teilnehmenden nur empfehlen, das ist wirklich ein sehr niedrigschwelliges Angebot. Was ich immer toll finde, ist, dass immer mehr Arbeitgebende das auch akzeptieren. Ich sage eigentlich immer, wenn der neue Arbeitnehmende, die neue Arbeitnehmer bekommen, erstmal den Digitalführerschein machen, dann wissen wir erst mal, hier sind erst mal alle auf einem Niveau, kann man aber eben auch den Verwandten mitgeben. Das ist wirklich ganz, ganz toll mit App und unterwegs. Mensch also, das hört gar nicht auf an guten Informationen, was mich aber vor allem interessiert, also braucht es genau das, diesen Bildungsbereich. Da haben wir vorhin schon ein bisschen was gehört. Also wie sehen sie das? Wie können wir resilienter in der Gesellschaft werden und können sie für uns vielleicht auch ein bisschen Mut machen, weil so viele Podcasts enden mit, das wird alles schlimm werden?

Mads Pankow: Diese ganze Bildungsfrage ist entscheidend, aber auch ich bin vorsichtig reserviert. Also ich bin gar niemand, der den Teufel an die Wand malt. Aber ein Achtel der Schülerinnen und Schüler verlassen die Schule, ohne richtig rechnen und schreiben zu können. In der Weltbevölkerung sagen 84 Prozent, sie sind gläubig. Das ist jetzt, das ist alles legitim und Recht, und ich will danach gar nicht kategorisieren, ob das jetzt schlaue oder doofe Leute sind. Aber das sind Menschen, die natürlich extrem gefährdet sind, von Manipulation eingefangen zu werden, oder die sich grundsätzlich schon mal auf einer dünnen Informationsbasis orientieren. Ja, so, jetzt muss man sagen, Bildung brauchen wir, Schule, Frau Strack-Zimmermann, finde ich immer gut, ist aber auch bei jedem Kneipenabend das letzte Argument, wir brauchen Helmut Schmidt wieder oder die Schule, oder ---

Marie-Agnes Strack-Zimmermann: In der Schule ist halt immer der Punkt, wenn ich sie kurz unterbrechen darf, weil sie erreichen natürlich auf bestimmten Ebenen die größte Erreichbarkeit ist, in der Kita und in der Schule, weil jetzt, wenn einer nach paar Jahren aus der Schule rauskommt, irgendwann war er mal in der Schule. Deswegen ist das manchmal ist die simple, der simple Wunsch gar nicht der komplizierteste.

Mads Pankow: Aber es ist natürlich auch eine Extreme. Also wir sind uns einig, wir können, wir können uns mehr Lehrer wünschen, wir können uns bessere Ausstattung wünschen. Das tun wir seit 30 Jahren. Es scheint unfassbar schwer zu sein, dass die Schule die Aufgaben, die sie hat, selbst mit dem extremen Engagement von Lehrenden überhaupt bewältigen können. Also natürlich gehört auch Medienbildung dazu, aber das können die nicht alleine, aber sie machen das ja, das ist schon mal gut. Positiv gesprochen, würde ich sagen, wir brauchen möglichst viele Leute. Es wird nie eine Mehrheit sein, die eine hinreichende Medienkompetenz haben, um Falschinformationen rechtzeitig zu entdecken, sich dieser zu erwehren und sich zu organisieren. Also man sieht das im Netz. Wenn jemand von Hate Speech betroffen ist, ich bin hier postet, dann kommen andere Leute, unterstützen diese Personen. Es gibt sowas wie diese Napho, die im Internet dafür einsetzt, Falschinformationen zu identifizieren, frühzeitig zu bekämpfen, und ich glaube, daran müssen wir uns gewöhnen. Wir müssen uns daran gewöhnen, dass wir nicht mehr in einer medialen Gesellschaft leben, wo andere für uns den Job machen. Das Presserecht durchsetzen, die Aktion, sich gegenseitig kontrollieren, sondern die Teilhabe, die uns soziale Medien und künstliche Intelligenz erlauben, bedeuten auch Verantwortung, Verantwortung für jeden und jede von uns, Frau Strack-Zimmermann, kann sich nicht alleine wehren, auch wenn sie sehr wirkmächtig ist, wie ich das aus den Gesprächen nachvollziehen kann. Aber am Ende brauchen wir alle, müssen uns zusammentun, und die Leute, die die Kompetenz haben, müssen auch für andere einstehen. Und es ist in unserem Verantwortungsbereich, Hate Speech, falsche Informationen zu benennen und zu organisieren und uns miteinander dafür einzustehen. Und nur in der Kombination aus Regulation, Bildung und persönlichem Einsatz von Zivilgesellschaft und Wirtschaft und Personen können wir diesen Herausforderungen gewachsen sein. Das kann nur zusammen sein.

Sven Kinderveter: Das heißt, ein Stück weit muss ich auch durchsetzen, dass ich als Bürgerinnen und Bürger da hat man immer, so hat ja auch Pflichten, dass ein Teil der Pflicht eben auch ist, resilienter zu werden gegenüber Desinformation und Hass.

Mads Pankow: Und Einsatz, persönlichen Einsatz zeigen. Es reicht nicht, sich auf Resilienz zu verlasen. Wir müssen auch miteinander einstehen, andere aufmerksam machen, benennen und canceln, also nicht canceln im politischen Sinne, sondern falsche Informationen canceln.

Marie-Agnes Strack-Zimmermann: Wenn sie mir erlauben, ich würde das gerne ganz kurz aufgreifen, weil das ist ja so unglaublich wichtig, und sie sehen es ja gerade in dem Krieg der Hamas gegen Israel, wo ich beklage, und das mache ich jeden Tag, und das nutze ich jetzt heute auch nochmal, wo die Mitte der Gesellschaft und die Intelligenz und die sogenannte Elite eigentlich ist, und ich erwarte natürlich auch von großen Unternehmen, damit meine ich jetzt nicht Facebook, sondern einfach ein Automobilhersteller oder Chemiehersteller, was auch immer, den eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern das anzubieten, also über das, was geleistet wird, über den Mehrwert, der geschaffen wird. Es gibt Firmen, die machen das inzwischen, die bieten den Unternehmen das an, die klären auf, weil sie eben ja auch diese Spaltung der Gesellschaft trägt, sich ja auch in den, in das Unternehmen. Da geht ja die Diskussion weiter, da guckt man sich, mit Verlaub, mit dem Hintern irgendwann nicht mehr an, weil der eine der Meinung ist, dieses und der andere ist dieses. Also ich glaube in der Tat, es ist eine Binse, aber zusammen kann man es nur erreichen, und das kann ich nur, kann ich nur unterstreichen.

Sven Kindervater: Und genau damit will ich auch gerne noch abschließend zu ihnen nochmal überleiten. Übrigens, ich wollte noch ergänzen, also weil das Canceln so auch schon so in den Verruf geraten ist. Ich habe Politik noch nie anders erlebt, als dass sie sich einen ganzen Tag Kopf macht. Was erlauben wir das verbieten wir also! Es gibt, glaube ich, eine politische Aktion, ohne zu sagen, was möchte ich nicht und was möchte ich? Das ist ein Austarieren. Ich glaube, die, die immer fordern, dass man nicht canceln darf, canceln ja auch fleißig, wenn es bei der Sprache ist. Frau Dr. Strack-Zimmermann, Sie haben jetzt einen Wunsch frei, und zwar, sie haben jetzt ja einmal die Wirtschaft sitzen, Sie haben ja einmal die Wissenschaft sitzen, Sie haben eine NGO sitzen. Sie haben ja schon gesagt, wir müssen was zusammen machen. Was wünschen sie sich denn mal das Beispiel, was wir mit zu Google zusammen machen? Diese Projekt Politiker sicher im Netz, was wünschen sie sich von solchen Projekten? Wie können Sie sich das vorstellen? Wie können wir noch, eben weil die Schule vielleicht nicht alles leisten kann? Wir haben noch die digitale Nachbarschaft bei uns, die sozusagen in Vereine, Verbände geht: Deutschland ist ein Verein, sozusagen Vereinslandschaft. Vereinsmeierei steht ganz oben, vom Karnickelverein runter bis zum Sport. Was wünschen sie sich dort in dem Bereich, wenn man eben sagt, der Arbeitgeber hat Aufgaben. Aber was wollen wir vor allem gesellschaftlich erreichen, im Ehrenamt und so weiter?

Marie-Agnes Strack-Zimmermann: Sagen sie mal, das ist ja hier, die 1 Million Dollar Frage!

Sven Kindervater: Ja, deswegen stelle ich Sie ihnen. Deswegen also, ich versuche einfach mitzuhalten.

Eveline Metzen: Wir haben alle einen Stift gezückt, um mitzuschreiben.

Marie-Agnes Strack-Zimmermann: Ja, genau das ist ja die Frage der Fragen. Natürlich fängt das erst mal im Kleinen an, dass man ja, was soll ich dazu sagen? Das ist doch, ich sage es mal so, was wir gerade erleben, wirklich, und ich gehöre nicht zur Drama Queen, also irgendetwas jetzt zu dramatisieren. Ich komme aus Düsseldorf, aus dem Rheinland, ich bin mal grundsätzlich positiv und liebe das Leben. Ich halte die Situation, in der wir gerade sind, für unvorstellbar dramatisch, und deswegen muss sich jeder angesprochen fühlen, vom Mitglied des berühmten Karnickelvereins. Ich weiß gar nicht, ob es sowas noch gibt bis hin eben zu Großunternehmen, die die eben auch andere mitzunehmen. Und das fängt doch an, indem man die Nachbarn mitnimmt, indem man ich habe, wie gesagt, lange Kommunalpolitik gemacht, indem man im Sozialbereich es gibt Treffpunkte für Senioren, dass man da einsteigt, einfach dass diese Gesellschaft versteht, dass wir untergehen, wenn wir uns jetzt nicht zusammenreißen und zusammenarbeiten, und ich weiß, das ist wahnsinnig schwer. Aber da sind die Kirche, die Industrie, die Gesellschaft, da ist jeder gefordert, gerade weil sie ja völlig zurecht sagen, viele Menschen sagen, was sagten sie gerade? 80 Prozent derer sagen, ich bin gläubig oder gehört einer Religion ein. Wo ist denn, wo ist denn die Kirche? Also, ich möchte jetzt hier keinem zu nahe treten, wobei ich das eh sowieso jeden Tag tue. Wo ist denn die Kirche in Fragen des Antisemitismus in Deutschland? Wo ist sie denn? Wo ist sie denn gewesen als der, der der Herr Krill, der Obere der russisch-orthodoxen Kirche, den Krieg rechtfertigt hat? Ich höre nichts, also ich weiß nicht, wo es ist, und was ich damit sagen will, ist, Menschen auch Mut zu machen, offen zu sein, und sie können Menschen nur ermutigen, wenn sie das Gefühl haben, in einer großen Gemeinschaft zusammen zu sein. Wenn die Leute das Gefühl haben, ich bin dann alleine, dann werden sie sich reduzieren. Also, ich habe auf ihre Frage keine wirklich substanziell kluge Antwort. Ich glaube einfach, dass auch unser Gespräch heute, dass wir zum Nachdenken anregen müssen. Ich bin in der Politik, ich diskutiere das im Bundestag. Bei Google muss das natürlich gerade ein solches Unternehmen im eigenen Interesse, und ich glaube, das Netz, damit kann man ja auch positives erreichen, also immer wieder penetrieren, dass dieses Netz auch gefährlich ist. Ich meine, auf jeder Zigarettenpackung steht, dass es Krebs erzeugt oder man irgendwie ein Auge verliert. Auf jeder Medikamentenpackung stehen die Nebenwirkungen. Ich lese das ja schon gar nicht mehr traut man sich ja gar nichts mehr zu schlucken. Überall steht, auf der Praline steht, wie hoch der Zuckeranteil ist. Das heißt, was ich damit sagen will, ist, dass wir eben auch auf die Gefahr hinweisen müssen, wie das Netz wirkt, und, ähm, ja, ich finde es gut, dass wir darüber sprechen, und man kann gar nicht genug darüber sprechen und die Menschen mitzunehmen, dass sie, ähm, dass wir da jetzt alle alarmiert sein müssen. Ich weiß, das ist jetzt keine wirklich befriedigende Antwort.

Speaker 2: Nein, das war super, also vor allem ich finde das auch ganz spannend, weil zum Beispiel ihr Fraktionskollege der FDP, Herr Höferling, hat auch die Schirmherrschaft von Polisin übernommen. Wir sind gerade sehr aktiv, auch in Schulungen, was das angeht, und das ist nämlich auch Teil. Es gibt nicht nur irgendwie welche, die schon alles wissen, sondern es fängt im Bundestag an bis ins Ehrenamt. Ich möchte an der Stelle mich sehr, sehr herzlich bedanken.

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