Alles nachhaltig oder was?

Shownotes

Folgende Apps können euch bei einem nachhaltigeren Konsum unterstützen:

Einen Blick in die Arbeit vom Green Consumption Assistant findet ihr hier. Das Projekt kooperiert unter anderem mit der Suchmaschine Ecosia. Maike empfiehlt den Newsletter von Flip.

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Maria Beßler: Ich würde gerne anfangen mit drei Einstiegsfragen. Die erste Frage ist Kunst oder Sport? #00:00:09-3#

Dr. Maike Gossen: Schwer, aber Sport.

Maria Beßler: Warum?

Dr. Maike Gosse: Bewegung, tut mir gut, finde auch die Bewegung sozusagen der mentalen oder anderen Sinne, die man durch Kunst bekommt gut, aber so die physische Bewegung, die brauche ich einfach zum Ausgleich. #00:00:28-4#

Maria Beßler: Weil du in deinem Job wahrscheinlich auch viel sitzt und sowieso sehr viel adenken musst? Also es klingt jetzt so einfach, aber so stelle ich mir das vor. Handy oder Laptop. #00:00:39-1#

Dr. Maike Gossen: Laptop. Für mich sind die Reize oder die Verlockungen des Laptops, rumzudaddeln, nicht so groß wie auf dem Handy. Also in meiner Handynutzung muss ich mich doch mehr disziplinieren, nicht noch Dutzend andere Apps zu öffnen und mal hier und mal da zu gucken. Und dieses Verhalten habe ich am Laptop nicht so. Das ist ganz. Das ist viel eindeutiger mit Arbeit verbunden und mit spezifischen Dingen, und deswegen gerate ich da nicht so in diesem Sog des Digitalen. #00:01:09-5#

Maria Beßler: Alles wissen oder alles haben? #00:01:12-8#

Dr. Maike Gossen: Lieber alles wissen. #00:01:16-0#

Maria Beßler: Okay, ich hoffe, dass wir nach der Folge heute auch etwas mehr wissen. Vielleicht nicht alles, aber auf jeden Fall mehr. Das Thema ist Digitalisierung und Nachhaltigkeit, und meine erste Frage an dich ist: Was ist nachhaltiger Konsum? #00:01:33-5#

Dr. Maike Gossen: Ja, da fange ich mal an mit einer vielleicht abstrakten Beschreibung oder der Definition. Aber das ist auch die, die so global anerkannt ist und die sagt nämlich, dass nachhaltiger Konsum auch entsprechend des Leitbilds von nachhaltiger Entwicklung bedeutet, dass wir hier und heute so leben, dass in Zukunft für alle und auch überall auf dem Planeten ein lebenswertes Leben möglich ist. Und ich hatte schon auf die, das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung verwiesen. Der nachhaltige Konsum oder das Verständnis des nachhaltigen Konsums leitet sich davon ab und nachhaltige Entwicklung wurde vor einigen Jahren durch die Sustainable development goals, oder auf Deutsch die Nachhaltigkeitsziele, so operationalisiert und in mehrere Bereiche irgendwie aufgeteilt und die geben dann eine ganz gute Orientierung. Und als eins der Nachhaltigkeitsziele ist übrigens auch der nachhaltige Konsum definiert. Genau. Und wenn wir uns jetzt nachhaltigen Konsum mal so ganz konkret vorstellen, also was kann das heißen, auf konkrete Verhaltensweisen bezogen, dann kann das zum Beispiel bedeuten, dass wir umweltfreundliche oder fair gehandelte Produkte kaufen, dass wir darauf achten, Verpackungsmüll zu reduzieren, dass wir Gegenstände und Kleidung reparieren, wenn sie zum Beispiel ein Loch bekommen, und sie nicht direkt entsorgen, dass wir in Kreisläufen sozusagen unsere Produkte verwenden, also dass wir sie weitergeben, wenn wir sie nicht mehr benötigen, dass wir durch Reparatur oder Pflege dafür sorgen, dass sie eben so lange wie möglich genutzt werden. Und das heißt eben auch, dass nachhaltiger Konsum nicht nur der Kauf von Dingen ist, sondern eigentlich den gesamten Lebenszyklus von Produkten umfassen kann, also dass es bis zur Entsorgung im Prinzip Verhaltensweisen impliziert, die Dinge eben möglichst lange erhalten oder im Kreislauf bewegen. Das bedeutet eben auch, dass wir, und ich will jetzt vermeiden, das Wort Verzicht in den Mund zu nehmen, aber dass wir auch darüber nachdenken, wie viel wir eigentlich benötigen und welche Mengen wir eigentlich konsumieren, um unsere Grundbedürfnisse oder unsere Konsumbedürfnisse zu erfüllen. #00:03:58-0#

Maria Beßler: Okay, gut, dann würde ich sagen, gehen wir mal zur zweiten Frage. Wer ist denn eigentlich verantwortlich für nachhaltigen Konsum? #00:04:13-6#

Dr. Maike Gossen: Da gibt es nicht den einen Akteur oder die eine Gruppe, sondern erstmal total wichtig anzuerkennen, dass das eine Gemeinschaftsaufgabe ist, und es wird auch häufig die Verantwortung in anderen Gruppen zugeschrieben, oder es gibt so eine Tendenz dazu, Verantwortung anderen zuzuschreiben, um sich selber vielleicht auch von der Verantwortung ein Stück weit zu distanzieren. Diese sogenannte Verantwortungsdifusion kann eben auch eine Blockade oder ein Hindernis darstellen, weil das sehr klar ist, wenn niemand vorangeht, wenn sich niemand wirklich verantwortlich fühlt, erreichen wir nicht die Ziele, die mit dieser dringenden Aufgabe der Nachhaltigkeit verbunden sind. Und aber das soll auch nicht heißen, dass nicht der einzelne und die einzelne eine Verantwortung haben und durch ihren Konsum und Kaufentscheidungen oder vielleicht etwas allgemeiner gesprochen, durch den Lebensstil auch schon ja sehr viel beitragen kann zur Nachhaltigkeit. Und genauso sind es dann aber auch die anderen Akteursgruppen, wie Unternehmen, aber natürlich auch die Politik. Der Staat, auch die Wissenschaft und Forschung hat da eine Verantwortung. Medien, Zivilgesellschaft, alle müssen dazu beitragen. #00:05:25-4#

Maria Beßler: Meine Frage wäre jetzt gewesen, was dein erster nachhaltiger Schritt war, also wo du gesagt hast, das möchte ich anders machen, um was, um etwas für die Nachhaltigkeit zu machen. #00:05:41-0#

Dr. Maike Gossen: Ja, ich hatte insofern ähm, das Glück, oder das fiel mir immer recht leicht, mir unter nachhaltigen Konsum etwas sehr anschauliches vorzustellen, weil das schon in meiner Kindheit oder in meiner Sozialisation immer eine Rolle gespielt hat. Das war für mich als Kind und Jugendliche manchmal nicht so einfach, im Haushalt aufzuwachsen, in dem es kein Auto gibt, dem wenig oder kaum Flugreisen in den Urlaub gemacht wurden, und da kommen wir, oder da scheinen vielleicht auch schon so eine der größten Barrieren durch, nämlich die sozialen Normen. Aber als ich dann etwas reifer und weiser wurde, war es für mich einfach, diese Verhaltensweisen ja wieder aufleben zu lassen oder mich daran zu erinnern. Deswegen hatte ich einen einfachen Start, sozusagen in meinen eigenen Lebensstil an ökologische und soziale Kriterien so ein Stück weit anzupassen. Ein weiterer Wendepunkt oder so ein Punkt in meiner Biografie, in der ich nochmal viel auch angepasst und verändert habe, war die Familiengründung. Das ist auch in der Forschung untersucht, das so biografische Gelegenheitsfenster wie Umzüge, wie Familiengründung, wie Kinder oder so einen einfach nochmal anders über die Konsumgewohnheiten reflektieren lässt, das vielleicht auch andere Anforderungen präsenter werden. Also, man will ja, wenn man dann Verantwortung für so ein kleines Menschenleben hat, dann beschäftigt man sich noch mal intensiver damit, aus welchen Zutaten eigentlich Lebensmittel hergestellt werden, ob das alles gesund ist, die Schadstoffbelastung am Wohnort ist und all diese Dinge, und da hat man dann so die Chance, sich über eigentlich also die die erste Intention ist ja nicht, sich dann mit Nachhaltigkeit zu beschäftigen. Aber es ergibt sich daraus irgendwie so eine Gelegenheit. #00:07:39-9#

Maria Beßler: Man könnte das vielleicht auch so zusammenfassen, dass nachhaltiger Konsum angestoßen werden, indem also: Je mehr es mich persönlich betrifft, desto leichter finde ich den Weg dahin. #00:07:52-5#

Dr. Maike Gossen: Genau, also die Distanz oder die psychologische Distanz zu gewissen Dingen, auch beispielsweise wie der Klimakrise, die hält einen auf jeden Fall davon ab, selber aktiv zu werden oder das Problem auch für sich selber relevant zu finden. Das ist definitiv auch ja einer der Gründe, warum zum Beispiel auch zwischen Einstellungen und den Verhaltensweisen noch so eine Lücke gibt, dass es auch ein Phänomen, das in der Nachhaltigkeitsforschung schon viel untersucht wurde oder oftmals schon konstatiert wurde, dass Menschen, wenn man sie fragt, sehr häufig oder zu einer großen Anzahl angeben, dass ihnen Umweltschutz, Klimaschutz und so weiter wichtig ist, sie aber ihr eigenes Handeln zu einem deutlich geringeren Umfang danach ausrichten. Ein Grund dafür ist, wie gesagt, die räumliche und auch zeitliche Distanz. Die Extremwetterereignisse, die wir zum Beispiel auch hier diesen Sommer erleben, glaube ich, macht es für viele Menschen anschaulicher, rückt näher an das eigene Leben heran, ist es nicht mehr so abstrakt, über die Klimakrise, den Klimawandel zu sprechen, wenn wir selber merken, das ist irgendwie Überflutung gibt durch Starkregen, dass wir hitze sommer erleben und so weiter. #00:09:37-0#

Maria Beßler: Ja, okay, kommen wir nochmal zurück zu der, zu der zweiten Frage, wo ich fragte, wer eigentlich verantwortlich ist für den nachhaltigen Konsum. Können wir dann nochmal ein bisschen mehr in die Gruppen reingehen, in die jeweiligen? #00:09:56-8#

Dr. Maike Gossen: Genau also, wenn wir über den Konsum nachdenken, dann braucht es ja immer ein Angebot, und das ist in der Regel das, was Unternehmen oder in der Wirtschaft passiert, und deswegen haben Unternehmen natürlich auch die Verantwortung, Produkte und Dienstleistungen herzustellen, die ökologisch sind, die sozialen Bedingungen oder sozialen Mindestanforderungen hergestellt werden. Sie können dafür sorgen, dass diese Produkte langlebig sind, dass sie recycelbar sind, dass sie, wie gesagt, aus nachhaltigen ökologischen Materialien bestehen. Sie können, sie können dafür Sorge tragen, dass ihre Lieferkette nachhaltig ist und so weiter. Dann gibt es aber auch ja auch für Unternehmen, aber auch für uns, für die Konsumentinnen, natürlich so strukturelle Rahmenbedingungen, und dafür ist in der Regel auch der Staat zuständig, also Rahmenbedingungen wie Gesetze, wie Subventionen, steuerliche Anreize oder auch die Förderung von sowas wie dem öffentlichen Nahverkehr oder so, also die Rahmenbedingungen, die strukturellen oder die Infrastrukturen, in denen Unternehmen, aber auch wir Konsumentinnen agieren, die sind in der Regel ja staatlich, in staatlicher Verantwortung, und deswegen muss auch die Politik Maßnahmen ergreifen, um nachhaltigen Konsum einfacher zu machen. #00:11:33-7#

Maria Beßler: Das heißt, es ist eigentlich, wenn ich mir das so bildlich darstelle, wie so ein Kreislauf. Also, es gibt zum Beispiel Subventionen. Dadurch wird zum Beispiel in 49 € Ticket erschwinglicher für Leute, und dadurch konsumieren sie nachhaltiger, weil sie zum Beispiel auf Autoreisen verzichten. So ne! #00:11:56-2#

Dr. Maike Gossen: Genau, und Konsumentscheidungen sind ja eingebettet in sowas wie soziale Praktiken. Also, wir entscheiden ja meistens nicht rein rational oder ja von rationalen Argumenten beeinflusst, wie wir konsumieren, sondern es hat viel mit Gewohnheiten zu tun, mit Angeboten, über die haben wir gerade schon gesprochen, zu welchem Angebot ich überhaupt irgendwie Zugang habe, was in meinem sozialen Umfeld auch anerkannt wird, was irgendwie vielleicht auch ein Distinktionsmerkmal ist gegenüber anderen sozialen Gruppen. Also mit Konsum hebt man sich ja auch ab von anderen beziehungsweise fühlt sich zugehörig zu gewissen Gruppen. Also das zeigt mir so beispielhaft, dass eben nicht nur rein sozusagen Informationen und Wissen unser Handeln beeinflusst, sondern sehr, sehr viel mehr Einflussfaktoren. #00:12:51-4#

Maria Beßler: Also, es wird deutlich von dem, was du erzählst, dass es erzählt, dass es sehr, sehr komplex ist, dass es verschiedene Faktoren sind, die da reinspielen, und deshalb ist das wahrscheinlich auch so ein relativ langwieriger und Zeit als auch kraftaufwendiger Prozess. #00:13:06-7#

Dr. Maike Gossen: Genau, und eigentlich wissen wir in der Forschung wirklich viel darüber, warum Menschen was konsumieren, wovon sie abgehalten werden oder was sie irgendwie auch dann positiv beeinflussen kann, und dahingehend gibt es eigentlich kein Wissensdefizit, sondern ein Umsetzungsdefizit, und das rückt vielleicht auch die Rolle der Politik nochmal mehr in den Fokus. Haben wir gerade darüber gesprochen, wer eigentlich Verantwortung hat? Ich finde, eine ganz wichtige Rolle, und die könnte noch aktiver auch ausgefüllt werden, ist die der Politik, die dafür Sorge tragen muss, dass nachhaltiges Konsumieren und Produzieren einfacher gemacht wird. #00:13:47-0#

Maria Beßler: Was hat das Ganze jetzt mit Digitalisierung zu tun? #00:13:50-9#

Dr. Maike Gossen: Also zunächst kann man sich ein Leben ohne Digitalisierung, ohne Internet eigentlich gar nicht mehr vorstellen, und deswegen ist es auch nicht verwunderlich, dass das Einfluss genommen hat, ziemlich Großen sogar auf die Art und Weise, wie wir konsumieren, also wie wir schon bei der sozusagen Bedürfnisentstehung von digitalen Medien beeinflusst werden, wie wir unsere Informationen über Suchmaschinen, über digitale Plattformen beschaffen. Der eigentliche Kaufvorgang kann durch e-commerce, durch Online-shopping, durch digitale Bezahlsysteme total einfach mittlerweile im Internet abgewickelt werden. Also die Verlagerung sozusagen des physischen Einkaufs oder des physischen Konsums in das digitale hat natürlich mit der starken Ausbreitung des Internets und soziale Medien und digitalen Geräten zu tun. Darin liegen total viele Chancen, natürlich auch erst mal für den nachhaltigen Konsum, weil das eben bedeutet, dass wir Informationen, die vielleicht in einer nicht virtuellen Welt, also in einer analogen Welt, schwierig zu beschaffen waren, wo ich über vielleicht ja Printmedien, über Angebote im Handel, über Fachzeitschriften mir Informationen zu der Nachhaltigkeit von Produkten beschaffen musste. Also die Verfügbarkeit von Informationen war einfach sehr viel eingeschränkter, als es heute im Internet ist. Das ist schon mal eine ganz große Chance, dass wir also jederzeit und ziemlich breit zu allen möglichen Themen informieren können. Dann hat auch der Onlinehandel über zum Beispiel Filter, über auch Werbung, über eine spezielle Preis- und Angebotssteuerung, Möglichkeiten, nachhaltige Produkte attraktiv zu machen oder dazu Informationen zu verbreiten. Wir hatten eben darüber gesprochen, dass zu Konsum auch gehört, Strategien der Lebensdauerverlängerung zu ergreifen, also reparieren, teilen, wiederverwenden. Also das kann auch durch das Internet natürlich sehr erleichtert werden, angefangen bei so Second-Hand Plattformen wie Vinted über digitale Sharing Plattformen. Und auch im Bereich von Mobilität sind die vielfältigen oder vielzelligen Sharing Angebote ohne das mobile Internet, ohne Apps eigentlich nicht vorstellbar beziehungsweise haben erst diese große Verbreitung gefunden, dadurch, dass wir auf Internetplattformen dieses Matching herstellen können und uns mit Apps einfach Zugang zu den Verkehrsträgern ganz einfach verschaffen können. Dann das Stichwort Dematerialisierung. Das bedeutet, dass physische Gegenstände wie zum Beispiel Bücher, aber auch die Musik oder Tonträger, dass die, indem sie digital angeboten werden, Bücher zum Beispiel also eine Art der Dematerialisierung durchlaufen, also weniger Ressourcen dafür benötigt werden, sozusagen dasselbe Produkt anzubieten. Häufig geht damit dann auch ein gesunkener Energie und Ressourcenverbrauch einher, und diese Güter können intensiver genutzt werden, weil sie einfach viel mehr Menschen zugänglich gemacht werden können. Es ist ja in sehr, sehr vielen Bereichen auch in allen möglichen Sektoren oder Konsumbereichen, von Mobilität über Ernährung über das Wohnen und das zu Hause, Smart Meter und anderen smarten Dingen, irgendwie energiesparender werden kann. Also, es ist wirklich in allen möglichen Bereichen vorstellbar, dass digitale Tools uns helfen, den Energie- und Ressourcenverbrauch zu senken. Aber gleichzeitig kann das natürlich auch bedeuten, dass wir zum Beispiel mehr einkaufen, weil das so einfach ist in Onlineshops. Die sind zu jeder Tages Nachtzeit verfügbar. Mittlerweile sind die Lieferzeiten auch so kurz, dass es kaum noch einen Unterschied macht, also beziehungsweise ich mit so Fast Delivery Optionen einfach auch die Dinge, die ich online kaufe, oder so Express Online Käufe ziemlich schnell gehen. Das kann dafür sorgen, dass ich mehr kaufe, vieles zurückschicke, was ich dann doch nicht benötige. Also die Einfachheit des Konsums kann definitiv auch dazu führen, dass wir dann insgesamt mehr konsumieren. Gleichzeitig ist Werbung, und Kommunikation im Internet hat nochmal so eine neue Dimension bekommen, dadurch, dass sie personalisiert ausgesteuert werden kann, dadurch, dass Konsumentinnen eigentlich laufend, wenn sie sich durchs Internet bewegen, ein Profil hinterlassen oder Unternehmen Daten von Nutzerinnen tracken, die ihnen Auskunft darüber geben, welche Konsumpräferenzen die Nutzerinnen haben, wann sie wo was gekauft haben. Dann können gezielte Angebote ausgesteuert werden, es können irgendwie Preisangebote gemacht werden und auch alt. Dieses ganze das Tracking und die personalisierte Werbung kann eben auch dazu führen, dass sich das neue Konsumbedürfnisse entstehen und gegebenenfalls auch am Ende mehr konsumiert wird. Und auch bei der Dematerialisierung zum Beispiel zeigen sogenannte Ökobilanzierungen, die also sich die zum Beispiel die Energieemissionen oder die Co2-Emissionen entlang des ganzen Lebenszyklus anschauen und genau berechnen, die zeigen, dass eben auch die Dematerialisierung am Ende nicht immer zu Einsparungen führt, sondern dass es stark davon abhängt, wie diese Geräte genutzt werden, wie viele Bücher also tatsächlich auch so gelesen werden, ob ich sie mit anderen teile, wie lange sie genutzt werden, wenn sie ausgetauscht werden. Also da ein großes Potenzial, aber es gibt auch genauso Risiken, und es ist hängt dann eben auch stark von der Nutzungsweise und der Nutzungsdauer digitaler Geräte ab, ob das am Ende Energie und Ressourcen gespart hat im Vergleich zu den physischen und analogen Geräten. #00:19:51-6#

Maria Beßler: Okay, wenn ich zum Beispiel - bleiben wir mal bei der Nutzung des Internets, denn ich glaube, das ist vielleicht das, wo wir die größte Schnittmenge mit allen Menschen haben. Wie kann ich denn nachhaltiger im Netz surfen? Gibt's da Tipps? #00:20:10-5#

Dr. Maike Gossen: Ja, da kann ich so ein paar Daumenregeln vielleicht loswerden. Also, man kann beginnen bei der Energieeffizienz. Das bedeutet, dass man darauf achtet, schon beim Kauf digitaler Geräte möglichst energiesparende Geräte zu kaufen, dass man in der Nutzung dieser Geräte darauf achtet, Geräte, die man also gerade nicht benötigt oder nutzt, auszuschalten. Es wird schon ein bisschen spezifischer, wenn wir zum Beispiel an das Streaming denken, also das Thema Datenübertragung. Das braucht ja auch sehr viel Energie, und beim Stream von Videos oder von Musik kann man beispielsweise darauf achten, dass man geringere Auflösungen wählt oder dass man Inhalte, statt sie über das mobile Netz zu hören oder zu anzugucken, dass man die vorher herunterlädt. Dadurch kann auch der Datenverbrauch reduziert werden. Dann gehen wir weiter zum Browser, also das Zugangstor ins Internet sind ja unsere Browser, und auch da gibt es einige, die energieeffizienter sind als andere. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, Werbung und Tracking zu blockieren. Es gibt Möglichkeiten, über die Einstellung beispielsweise unerwünschte Werbung und Tracking zu blockieren, ist deswegen sinnvoll, nicht nur, weil es uns vielleicht stört beim, sondern auch, weil natürlich damit mit der Aussteuerung von Werbung im Internet natürlich auch Daten und Energie verbraucht wird. Wir nutzen häufig Suchmaschinen, wenn wir digital oder im Internet unterwegs sind. Auch hier gibt es umweltfreundlichere Angebote, die beispielsweise ihre Server mit erneuerbaren Energien betreiben, die auch unter Datenschutzaspekten Vorteile haben, weil sie beispielsweise Suchanfragen anonymisieren. Also auch hier kann man sich noch mal informieren, welche Alternativen zu der Standardsuchmaschine oder der voreingestellten Suchmaschine man eigentlich so hat, und eben so bei der Cloud Nutzung. Hier ist es wichtig, dass man also die die Cloud, das ist ja auf Englisch die Wolke - da hat man immer so eine Vorstellung von etwas ganz leichtem und irgendwie so Immateriellen. Aber eigentlich ist es auch nur ein Ablageort, der eben auch Energie verbraucht. Nur dass die Energie nicht bei mir direkt anfällt, sondern in Rechenzentren, und indem man eher sparsam auf solche Cloud-Dienste zugreift, also nur dann, wenn man wirklich einen virtuellen Ablageort benötigt, diese nutzt und Daten löscht, wenn man sie nicht mehr benötigt, kann man auch hier Energie sparen. Dann vielleicht ganz am Ende noch die Phase der Entsorgung oder Recycling von Elektronikgeräten. Also wenn ich dann die digitalen Geräte nicht mehr benötige, kann ich natürlich erst mal gucken, ob ich sie reparieren kann oder zur Wiederverwendung zum Beispiel an so ein Refurbish-Dienstleister gebe. Und wenn da aber wirklich nichts mehr zu machen ist, dann sollten Elektronikgeräte natürlich ordnungsgemäß entsorgt werden, um den Elektroschrott zu reduzieren. #00:23:14-7#

Maria Beßler: Okay, also, das waren sehr, sehr viele Informationen zum Thema Digitalisierung und Nachhaltigkeit, auch ein paar schöne Tipps oder Hinweise zur Umsetzung im eigenen Alltag. #00:23:29-4#

Dr. Maike Gossen: Genau und neben, also neben diesen ganzen sehr praktischen Tipps, wie man sich im Digitalen bewegen kann, kann man auch sogenannte digitale Informations- und Empfehlungssysteme für nachhaltigen Konsum nutzen. Also das sind zum Beispiel Apps, das sind Filter, das sind Empfehlungssysteme zu umweltfreundlichen Produkten und Dienstleistungen, aber auch zu ja alternativen Handlungsoptionen wie dem Reparieren von Geräten oder auch der Frage, ob man jetzt wirklich so viele neue Dinge braucht. Also hier können auf digitalen Plattformen oder über so digitale Anwendungen konkrete Alternativen angeboten werden. Die können aber auch auf eine Bewusstseinsebene ansetzen und kritischen Konsum, das Bewusstsein für kritischen Konsum fördern und Verbraucherinnen dabei unterstützen, informierte Konsumentscheidungen zu treffen. Und da gibt es schon wirklich eine Vielzahl von, zum Beispiel Apps und Browser-Extentions, die genau darauf ausgerichtet sind, also nachhaltigen Konsum zu erleichtern. Zum Beispiel gibt es die App Codecheck. Da kann man über das Einsannen eines Barcodes die Produktinhaltsstoffe sich genau anschauen. Es gibt, die über Schadstoffe in Produkten informieren. Es gibt zum Beispiel von eine, die heißt der Fischratgeber. Da kann man sich jetzt über nachhaltige Fischzucht zum Beispiel direkt am Einkaufsort informieren. Es gibt die, die ist darauf ausgerichtet, Lebensmittelverschwendung zu reduzieren und so weiter. Also, es gibt schon viele Anwendungen und Apps, und dazu gibt es auch bei Suchmaschinen oder auch in Onlineshops Möglichkeiten, gezielte Produktinformationen Auszuspielen, über Nachhaltigkeitsfilter das nachhaltige Angebot besser verfügbar zu machen oder über so genannte Einkaufsassistenten während des Kaufprozesses oder des Informationsprozesses nachhaltige Informationen zur Verfügung zu stellen. Und eine ganz konkrete Anwendung einer Suchmaschine, und zwar der Suchmaschine Ecosia, ist der Creen konsumption Assistant, und das ist ein Projekt, in dem ich in den letzten Jahren geforscht habe, dass wir zusammen mit Ecosia durchführen und noch einen zweiten Universitätspartner auch dabei haben, die Spezialisten sind für für Machine Learning und für künstliche Intelligenz und die uns dabei unterstützen, diese Nachhaltigkeitsinformationen auf der Suchmaschine automatisiert zur Verfügung zu stellen und entlang von Nutzetpräferenzen oder Nutzerinteressen eben anzubieten. #00:26:12-1#

Maria Beßler: Okay, das heißt, das ist dann schon in die Suche bei Ecosia integriert. Wenn ich einen Toaster suche, dann gibt's also zum Beispiel, dann gibt es beim Shoppingfeld auch gleichzeitig Informationen über das Gerät. #00:26:34-5#

Dr. Maike Gossen: Zum Beispiel, genau also für Toaster, fürchte ich, ist es noch nicht verfügbar, aber für andere Elektronikgeräte, wie zum Beispiel Laptop, Smartphones, aber auch wirklich größere Haushalts- und Küchengeräte, und wir decken mittlerweile auch sehr viele Produktgruppen im Bereich von Bekleidung ab und dass es genau wie du es beschrieben hast, funktioniert es also, ich habe eine Suchanfrage. Zum Beispiel suche ich nach einer Jeans in Dunkelblau, in Größe 42, und wenn ich das in das Suchfenster eingebe und dann mich von der Suche von der Hauptseite auf das auf die Shoppingseite bewege, also das Shoppingportal von Ecosia, dann bekomme ich ganz oben als allererstes vor den anderen Suchergebnissen besonders nachhaltige Produkte angezeigt, und die werden auch gehighlightet. Also die erhalten ein so ein grünes Blatt Symbol und gekennzeichnet mit so einem Buch, da steht nachhaltig drauf. Beziehungsweise in Zukunft sollen das auch noch differenziertere Nachhaltigkeitsinformationen sein, die dann direkt Auskunft darüber geben, was an dem Produkt nachhaltig ist, dass zum Beispiel wassersparend ist oder dass es emissionsfrei ist oder unter fairen Arbeitsbedingungen hergestellt wurde. Genau, und hinter dieser Anzeige von nachhaltigen Produkten liegt eine große Datenbank, die zu mehreren 100.000 Produkten, die im Onlinehandel verfügbar sind, die Nachhaltigkeitsinformationen dokumentiert und sammelt, und diese Datenbank ist sozusagen das technische Rückgrat von diesem Feature, also von der Anzeige von Nachhaltigkeitsinformationen, und ist übrigens nicht nur in unserem Projekt. Also es ist in unserem Projekt entwickelt worden, aber soll nicht nur in unserem Projekt angewendet werden. Es ist nämlich eine Open-Source-Datenbank, die frei verfügbar ist, und es ist auch unser Ziel, diese Datenbank für andere Onlineplattformen oder auch andere Onlinehandel klar verfügbar zu machen, um diesen reichen Fundus an Nachhaltigkeitsinformationen, also produktbezogene Nachhaltigkeitsinformationen, auch noch an anderen Stellen ja zur Anwendung kommen zu lassen. #00:28:54-0#

Maria Beßler: Super, das waren ja sehr viele Informationen und davor auch noch sehr viele Apps. #00:29:00-2#

Dr. Maike Gossen: Und eine zweite Anwendung, die wir in dem Projekt Green Consumption Assistent entwickelt, implementiert und jetzt auch schon mehrmals getestet und verbessert haben, ist ein Unternehmens Rating, und da geht es darum, dass wir die meistgesuchten Unternehmen auf Ecosia, das beginnt bei also das geht über Netflix, über die New York Times, über Wikipedia, also Unternehmen, oder in dem Fall sind es eben häufig digitale Unternehmen oder so Navigationsseiten, die häufig auf ihr gesucht werden, dass wir die bewerten, und zwar vor dem Hintergrund ihrer Umweltversprechen oder ihrer Nachhaltigkeitsversprechen. Man sagt dazu auf Englisch climate pledge, also Nachhaltigkeitsklimaversprechen, die Unternehmen sozusagen freiwillig treffen und bei denen sie Emissionen vermindern und einsparen wollen. Und wir gucken uns genau an, wie weit sind die Unternehmen da schon? Was haben sie sich für Ziele gesetzt? Wollen sie tatsächlich Emissionen reduzieren, indem sie auch Maßnahmen in ihrem Kerngeschäft angehen, oder kompensieren sie beispielsweise nur Emissionen, die aus ihrem Geschäftsfeld heraus entstehen und das bewerten? Wir haben uns da an so einem Rating Ansatz orientiert, der Unternehmen von A bis E bewertet, und diese Informationen werden über ein kleines Icon direkt neben dem Suchergebnis, also wenn ich jetzt beispielsweise Amazon eingebe, bei Ecosia, dann erscheinen die Suchergebnisse, und neben dem Suchergebnis Amazon und der Verlinkung zu der Seite erscheint dieses kleine Icon und wenn ich daraufklicke, erhalte ich weitere Informationen, die zu dieser in dieser Bewertung kommt. Was das Unternehmen schon macht, um Klima, Emissionen der CO-2 Emissionen einzusparen, und wo, wo wir noch Potenzial für Verbesserungen sehen, denn das hat eben dieses Rating auch gezeigt. Keines der Unternehmen hat von uns die Bestnote erhalten. Bei den meisten Unternehmen ist wirklich noch sehr viel Verbesserungspotenzial, und die Idee dahinter ist, dass er das Nutzerinnen von Ecosia nicht nur mit Blick auf ihren direkten Konsum, auf ihr eigenes Verhalten, Informationen und Tipps bekommen, wie sie nachhaltiger werden können, sondern schon auch bei der Wahl oder das Wissen über Unternehmen, über die Wirtschaft, über digital Plattform jetzt insbesondere und deren Nachhaltigkeitsbemühungen eben auch dazu beiträgt, das Bewusstsein für diese Thematik auszubauen und vielleicht dann auch bei der Entscheidung des Streamingdienstleister eher dann zu dem zu gehen, der in diesem Unternehmensrating eine bessere Bewertung erhalten hat. #00:31:52-5#

Maria Beßler: Okay, also, bei Ecosia kann ich dank eures Projektes auch schauen, wie nachhaltig dieses Unternehmen oder die Unternehmen sind. #00:32:02-0#

Dr. Maike Gossen: Genau, beziehungsweise ganz konkret gesagt, welche Schritte sie unternehmen, um klimaneutral zu werden und CO2-Emissionen einzusparen, und wie sie dabei ihre Bemühungen zur CO2-Einsparung zu bewerten sind. #00:32:19-8#

Maria Beßler: Okay, ich danke dir. Wenn dir jetzt nichts weiter einfällt, was du unbedingt noch loswerden möchtest. Nein - okay, dann hab ich eine letzte Frage. Wir haben sehr viel über Apps gesprochen, die man auch nutzen kann zum nachhaltigeren Konsum. Gibt es denn eine App oder Website des Monats von dir? #00:32:46-4#

Dr. Maike Gossen: Ich möchte einen Newsletter empfehlen, also keine, eben keine Webseite, von dem Recherchenetzwerk, dem Journalistennetzwerk Flip, die sich zur Aufgabe gesetzt haben, gegen Greenwashing vorzugehen, und Greenwashing ist deswegen ein Problem, insbesondere auch für den nachhaltigen Konsum, weil es eben fälschliche Nachhaltigkeitsinformationen oder falsche Nachhaltigkeitsinformationen über Produkte oder auch Unternehmen verbreitet, um Konsumentinnen zu beeinflussen und von den eigenen Produkten oder dem eigenen Unternehmen zu überzeugen, indem es grüngewaschen wird. Und das ist wirklich ein großes Problem. Ja, die Verbrauchertäuschung durch Greenwashing hat in den letzten Jahren auch sehr zugenommen. Insbesondere im Siegelbereich ist das auch kürzlich angegangen worden, von staatlicher Seite, durch neue Regeln auf EU-Ebene, das zum Beispiel nicht auf jedem Produkte irgendwie ein Label mit CO2-neutral stehen darf, wenn das nicht auch wirklich erwiesenermaßen so ist, und diese Aufgabe, über Greenwashing aufzuklären, guten Journalismus, gut recherchierte Reportagen und Geschichten zu machen und die über Medienkooperationen zu verbreiten und eben auch über einen eigenen Newsletter, das hat sich Flip vorgenommen, und diesen Newsletter kann ich auf jeden Fall sehr empfehlen. Der ist total aufschlussreich, bleibt aber auch nicht stehen bei der Kritik einzelner Unternehmen, sondern stellt auch Unternehmen und Produktalternativen vor, bei denen man dann sicher sein kann, dass sie wirklich nachhaltig sind und nicht nur grün gewaschen. #00:34:32-6#

Maria Beßler: Okay, super, ich danke dir erst mal natürlich für den Newsletter und dann auch für die ganzen Infos, die du heute mit uns geteilt hast. Vielen Dank. #00:34:44-1#

Dr. Maike Gossen: Sehr gerne, es hat Spaß gemacht. #00:34:45-4#

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