Digitales Estland

Shownotes

mit Roomet Sormus, Wirtschaftsattaché an der Botschaft der Republik Estland.

Mit Roomet spreche ich über die schönsten Strände in Estland, die Vorreiterrolle seines Landes im Bereich der digitalisierten Verwaltung und welche Herausforderungen er in Zukunft sieht.

Falls ihr estnisch sprecht oder einfach mal etwas anderes hören wollt, schaut gern in Roomets Webseite des Monats rein: https://vikerraadio.err.ee/.

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DigitaleVerwaltungEstland_Grobschnitt.mp3

Maria Beßler: Heute mit mir im Studio ist der Wirtschaftsattaché an der Botschaft der Republik Estland. Herr Sormus, schön, dass sie da Sie da sind. Wir machen heute eine Podcastfolge zum Thema digitale Verwaltung und bevor wir anfangen, würde ich sie gerne fragen: Podcast oder Radio? #00:00:40-0#

Roomet Sormus: In letzter Zeit, ich höre mehr Podcast, aber auch Radio, höre ich jetzt mittlerweile über App an in dem Sinne. Ich glaube, ich kann immer auswählen, was ich, was ich so höre, aber im Moment eigentlich liebe ich auch, das Radio zu hören. #00:00:55-7#

Maria Beßler: Musikradio oder eher so, Nachrichtenradio, wo viel geredet wird. #00:01:00-3#

Roomet Sormus: Eher, wo viel geredet wird. #00:01:03-0#

Maria Beßler: Strand oder Berge. #00:01:04-3#

Roomet Sormus: Strand. #00:01:06-0#

Maria Beßler: Warum? #00:01:06-5#

Roomet Sormus: Ich komme aus Südestland und Berge haben wir da nicht, aber das ist ein bisschen gleich und so. Aber der Strand für mich war immer so ein Traum, wenn man zum Meer kommt und dann irgendwie das ist, das ist irgendwie eine ganz andere Perspektive, obwohl ich kann mir vorstellen, dass hier in Deutschland, wenn man hohe Berge hat, dann würde man noch da drauf steigen wollen und auch weite Aussichten haben. #00:01:30-5#

Maria Beßler: Das stimmt ja, das habe ich noch gar nicht so gedacht. Gibt's einen Geheimtipp für einen Strand in Estland, den sie haben? #00:01:37-5#

Roomet Sormus: Oh, es gibt ganz viele schöne Strände, natürlich, am populärsten ist vielleicht die Kurortstadt Parmu, aber das ist immer sehr, sehr überfüllt mit Menschen im Sommer und in dem Sinne, ich würde empfehlen, irgendeine einen ruhigen Stand auszusuchen, und davon gibt's eigentlich Hunderte, würde ich sagen, in Estland. #00:01:59-4#

Maria Beßler: Buch oder Hörbuch. #00:02:00-9#

Roomet Sormus: Höre Buch dann lieber! #00:02:03-4#

Maria Beßler: Ja, was war das letzte Hörbuch, was sie gehört haben? Erinnern sie sich daran? #00:02:07-3#

Roomet Sormus: In letzter Zeit vielleicht ich, ich muss, also, ich möchte, ich höre ganz viel so Kinderhörbücher an, weil, weil ich das einfach mit meinen Kindern mache. Es gibt eigentlich verschiedene, kann ich jetzt nicht nennen. #00:02:23-2#

Maria Beßler: Ja, steigen wir mal ein ins Thema digitale Verwaltung oder digitalisierte Verwaltung. Sie kommen aus Estland, das haben wir jetzt schon festgestellt. Wie funktioniert denn dort die Verwaltung? Und so komplett digital für Leute, die zuhören, die es vielleicht nicht wissen? In Estland kann man 99 Prozent – korrigieren Sie mich, wenn ich es falsch sage, digital erledigen in der Verwaltung. Wie funktioniert das? #00:02:48-2#

Roomet Sormus: Naja, ich glaube, dass die staatlichen digitalen Dienstleistungen sind für uns wirklich mittlerweile eine Selbstverständlichkeit. Wir erwarten eigentlich von unserem Staat, dass wir alles digital erledigen können, und das wird eigentlich auch angeboten. Und wie wir – wir duzen uns, oder? #00:03:06-3#

Maria Beßler: Wir können uns auch duzen. #00:03:07-7#

Roomet Sormus: Wie du gesagt hast, dann, eigentlich 99 Prozent der staatlichen Dienstleistungen kann man auch online erledigen. Das heißt vielleicht nicht immer, dass so speziell designte Dienstleistungen da sind, aber dadurch, dass wir eine digitale Unterschrift haben, dann können wir auch manchmal per E-Mail einfach so eine unterschriebene, digital unterschriebene Sache schicken, und das ist auch rechtsgültig, und dann auch digital betrachtet werden. In dem Sinne, manchmal gibt es einfach auch keinen Sinn, eine große, aufwändige Dienstleistung zu entwickeln, wenn es nur ganz wenige sind, die das wirklich brauchen. #00:03:51-0#

Maria Beßler: Hast du da ein Beispiel? #00:03:52-2#

Roomet Sormus: Für so eine ganz gut ist, oder …?

Maria Beßler: Beides.

Roomet Sormus: Unser Gesundheitssystem, das läuft ganz schön digital, dass ich da irgendein Rezept ausgeschrieben bekomme, und dann eigentlich muss ich nur mit einem meiner ID-Karte zur Apotheke gehen, und die wissen, was ich brauche, und die geben mir das manchmal einfach. Zum Beispiel, früher habe ich in der Landwirtschaft gearbeitet und musste mit Landwirtschaftsbehörde mich beschäftigen, und da waren manche Anträge, wo wirklich nur einige Anträge gab, und dann konnte man wirklich auch ein, also Tabelle irgendwie einreichen und digital unterschreiben, und da hat man keine, keine besondere irgendwie so oder so entwickelt dafür. #00:04:39-6#

Maria Beßler: Diese digitale Unterschrift, mal als Zwischenfrage, hat dann jeder Bürger, jede Bürgerin zu Hause ein Pad für die Unterschrift? Oder wie? Oder unterschreibt man einmal und nimmt sie dann immer? Wie funktioniert das? #00:04:51-6#

Roomet Sormus: Na, ich glaube, dann muss man diese wichtige Bausteine von estnischen E-Staat kennen, und ein Baustein natürlich ist unsere digitale, ID-Karte, und das ist ja, das wurde da schon mehr als vor 20 Jahren eingeführt, und das ist so eine digitale ID mit Chip. Und auf diesem Chip sind die die Basisdaten schon drauf, und eigentlich mit dieser Karte kann ich ziemlich alles machen. Mittlerweile gibt es auch andere Lösungen, weil das mit der Karte und Kartenleser manchmal umständlich ist. Man möchte auch von mobil oder so die Sachen erledigen, und deswegen gibt es auch Alternativen, wie zum Beispiel Mobil-ID. Das ist so, dass man so eine speziell Smart-Sim-Karte für ein Telefon hat, und dann kann man im Telefon eigentlich Unterschrift geben oder auch Smart-ID Das ist auch so, dass man da einfach dann die diese Unterschrift dann bei dieser abgibt. Das ist nicht so eine Unterschrift, wie man sie sich so normalerweise vorstellen kann, sonders das ist so eine technische Unterschrift, und das wird auch rechtlich dann überall anerkannt. #00:06:07-6#

Maria Beßler: Okay, also sehr, ich würde sagen, niedrigschwellig oder einfach, man kann es, man kann es auf dem Handy benutzen, man kann es aber auch mit dem Personalausweis ist, das wäre das Äquivalent in Deutschland benutzen. Also, das ist erst mal zu der Frage, wie diese, wie diese, wie das auch mit der Unterschrift funktioniert. Kommen wir nochmal zurück: Estland war ja nicht seit Gründung des Landes ist Land digital in der Verwaltung, sondern es war auch ein Prozess. Kannst du vielleicht noch ein bisschen erzählen, wie der Prozess gelaufen ist? #00:06:37-5#

Roomet Sormus: Am wichtigsten ist, dass die politische Wille da war, und das war schon ganz früh da, und auch die die digitale oder IT Grundkenntnisse. Das Estland hat vielleicht in dem Sinne nicht von null angefangen, da sogar zu Sowjetzeiten sind. Seit den 60er Jahren schon gab es in Estland die Sowjetunion-Kybernetik Institut, und in dem Sinne, es gab schon Menschen, die Ahnung über digitale Vorgänge und Digitalisierung hatten. Aber dann ja, Anfang neunziger, wir wollten wieder unabhängig, und da war da, waren eigentlich viele praktische Gründe, warum wir für die Digitalisierung entschieden haben: Estland ist eigentlich ein großes Land, es ist größer als Dänemark oder die Schweiz, aber es ist sehr dünn besiedelt, und wir haben relativ wenig Einwohner, nur 1,3 Millionen, und in dem Sinne auch so diese geographische Entfernung, und das manchmal ist das schon eine Herausforderung, auch wenn man so Behördengänge sich vorstellen muss und so weiter. Und in dem Sinne hat man wirklich ganz anfangen, auch aus not irgendwie angefangen zu digitalisieren, um digitale Dienste anzubieten. Vielleicht ganz am Anfang wusste man nicht genau, wo, wo wir dann im Endeffekt landen. Zuerst mussten sowieso rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen werden und so Grundprinzipien festgelegt werden. Zum Beispiel, sehr wichtig ist so im Prinzip, das heißt, dass wir in Estland nicht so viele Daten, Sätze aufbauen dürfen in den Behörden, dass das, wenn, wenn zum Beispiel meine Adresse schon in Einwohnerregister irgendwie da ist, dann dürfen die anderen nicht mal nicht mehr über meine Adresse fragen, sondern der Staat weiß schon eigentlich, wo ich angemeldet bin. Und das war so ein Grundgedanke am Anfang, und dadurch hat man auch minimiert, dass diese bürokratische irgendwie Verflechtung, dass das nicht, dass das begrenzt gehalten worden ist. Aber dann, ja, ich glaube Ender der Neunziger, Anfang 2000, waren wir dann soweit, dass das die wichtigen Ereignisse passiert sind. Dass, zum Beispiel, 2000 haben wir eine estnische E-Regierung eingeführt, und das muss man sich so vorstellen, dass das Kabinett von der Regierung einfach papierlos gearbeitet hat, dass man schon alle Sitzungen im Prinzip im Computer hatte und auch die Vorbereitungen bei den Behörden oder bei Ministerien schon digital angefangen haben. #00:09:31-9#

Maria Beßler: Also schon über 20 Jahre her, dann, das ist so. #00:09:34-5#

Roomet Sormus: Ja, ich glaube, die wirklich so wichtige Ereignisse waren so rund 2000, 2001 zum Beispiel. 2001 haben wir diese xRoute eingeführt, und wenn man verstehen möchte, was XRoute ist, dass sie so wie eine verschlüsselte Datenautobahn das ermöglicht, dass die Daten zwischen verschiedenen Behörden oder auch Datensätze ausgetauscht werden und abgerufen werden können. Und auch unsere digitale Karte und auch die, die rechtliche Grundlagen oder vor Schichten für digitale Unterschrift, wurden zum Beispiel 2002 geschaffen. Das sind so die wichtigen Bausteine oder in Steine, wenn wir, wenn wir über die Digitalisierung ins sprechen. #00:10:27-5#

Maria Beßler: Mhm Okay, also, das heißt 2002 die die Einführung der Unterschrift, auch der digitalen Unterschrift. Das klingt ja erst mal alles sehr einfach, also nicht einfach. Aber – als ob der Prozess sehr gut gelaufen ist, gab es denn auch in diesem Prozess Herausforderungen? Beziehungsweise was sind Herausforderungen auch noch heute? #00:10:53-1#

Roomet Sormus: Na klar, es ist es. Es mag ja einfach klingen, aber einfach eigentlich, so einfach ist das bestimmt nicht gewesen, und Digitalisierung hängt ja von vielen Faktoren ab. Zuerst muss man ja auch Zugang zum Internet zum Beispiel haben, und, was ich ja auch erwähnt habe, in Estland ist ein dünn besiedeltes Land, und in dem Sinne, das ist schon eine Herausforderung, dass man so eine Breitband Internet Verbindung überall in Estland hat, und das hat man eigentlich auch bis heute nicht ganz flächendeckend. Aber das ist schon eine Herausforderung gewesen, dass man zuerst so, dass die Bürger den Zugang haben, und am Anfang, man hat das in den Schulen gemacht. Man hat ganz gezielt Programme eingeführt, dass die, dass die Schulen Computer bekommen und dass die dann wirklich auch diesen IT-Unterricht und bekommen. #00:11:45-1#

Maria Beßler: Das heißt, die Lehrer haben das Programm, aber auch die Schüler? #00:11:48-2#

Roomet Sormus: Nicht jeder Schüler hat einen Computer bekommen, aber dass man halt in den Schulen einen Computer hat. Ich glaube, das kann man sich jetzt nach 25 Jahren nicht mehr so gut vorstellen. Aber ich kann mir schon erinnern, wenn ich zur Uni 1997 gegangen bin, dann war das schon eine eigentlich große Sache. Ich habe mein E-Mail erst bekommen und irgendwie in einem Computer Klasse von der Uni genug oder eigentlich meine Email benutzen, weil ich ja keinen eigenen Computer zu Hause hatte, und das war auch sehr wichtig, dass Estland den Zugang zum Internet zum Grundrecht irgendwie erklärt hat, und dann hat man in den Bibliotheken oder in den öffentlichen Punkten dann den Zugang zu Internet oder Computer auch gewährleistet. Na, das ist, ich meine, dass diese infrastrukturelle Herausforderung wahrscheinlich einer der bedeutendsten war und natürlich auch digitale Kluft, dass nicht alle Menschen nicht damals, aber auch eigentlich auch nicht heute so gleichermaßen fähig sind, auch im Internet oder mit einem Computer umzugehen. Und ich glaube, das ist auch eine Herausforderung, eine auch kontinuierliche Arbeit gewesen, dass man die, dass man die Menschen eigentlich diesen Gedanken beibringt und auch die Fähigkeiten oder die ja, dass die Menschen einfach mit dem Computer umgehen können, und das hat man eigentlich ganz gezielt auch gemacht. Egal in den Schulen, aber auch bei älteren Menschen hat man so Kurse angeboten, dass die mit dem Computer umgehen können. #00:13:29-9#

Maria Beßler: Also gleichzeitig die Infrastruktur angelegt, aber auch den Leuten die Möglichkeit gegeben, die Infrastruktur, also die PCs und das Internet, dann richtig zu nutzen. #00:13:41-9#

Roomet Sormus: Genau und natürlich auch Sicherheitsbedenken, weil es geht ja im Endeffekt und was hier in Deutschland auch sehr heiß hier diskutiert wird, ist so Datenschutz und es geht um persönliche Daten, zum Beispiel bei diesem oder allgemein im öffentlichen Bereich ganz viel, und das natürlich, das ist dann eine Herausforderung, dass man die Daten auch auf dem höchsten Niveau geschützt, und auch sind ja innerhalb von 25 Jahren schon einige Ereignisse passiert, zum Beispiel Cyber-Angriffe. Vielleicht ganz am Anfang hat man da daran nicht so stark gedacht, aber eigentlich mit der Zeit wurde das sehr klar, dass das das eine, eine ganz große Herausforderung ist, und ich glaube, das ist die Herausforderung, die gekommen ist, um zu bleiben. Das geht irgendwie nicht weg, obwohl unser Erwachen war, vielleicht 2007, wir hatten so ein bisschen Unruhen in Tallin, weil ein Denkmal umgesiedelt worden ist, und dann hatten wir auf den Straßen ganz große Unruhen, aber gleichzeitig auch ganz große Cyber-Attachken an estnischer Verwaltung, und das hat eigentlich uns ganz deutlich gemacht, wach gemacht, dass wir hier eigentlich ganz, ganz viel investieren müssen und in dem Sinne, ich glaube, deswegen ist auch Estland in dem Sicherheitsbereich ziemlich gut dran. Wir haben sogar so eine über Abwehrzentrum von NATO in Teilen, und wir, ich glaube, wir gehen mit diesem Thema sehr, sehr sorgfältig, und natürlich immer bleiben die auch so rechtliche, rechtliche Herausforderungen, weil man muss man gar nicht einfach digitalisieren, weil die Daten, die der Staat irgendwie besitzt, hat, oder die haben so einen rechtlichen Status, und deswegen muss man das alles eigentlich immer regulieren, welche Behörde, welche Taten zuschauen kann oder bekommen kann oder anfragen kann, wie viel, und das sind eigentlich ganz noch grundlegende Sachen. Was man so regulieren muss, und das ist auch so, war eine Herausforderung damals und ist auch auch noch heute. Aber ich glaube, unser Ansatz ist, dass wir, wir machen die Digitalisierung möglich, und wir hinterfragen nicht ständig oder wir erfinden nicht ständig irgendwie Gründe, warum man das nicht machen kann, weil meistens, wenn, wenn die Herausforderungen da sind, dann kann man auch die Lösungen ausarbeiten. #00:16:28-9#

Maria Beßler: Das stimmt, und dann meine Frage wäre jetzt gewesen, warum, wie es dazu kam, dass Estland so eine Vorreiterrolle einnahm. Aber du hast schon gesagt, das Land ist ziemlich dünn besiedelt. Das heißt, wenn man eine digitalisierte Verwaltung hat, gibt man auch mehr Zugang zu Leuten, die zum Beispiel weit entfernt wurden. Die müssen nicht in größere Städte fahren. Nachdem, nachdem Estland, wie sagt man.. wieder, aus der Sowjetunion hervorgekommen ist oder unabhängig wurde, habt ihr auch überlegt, dass das eine gute Sache wäre, die digitale Verwaltung. Gab es noch andere Gründe, oder gibt es noch andere Gründe? #00:17:03-3#

Roomet Sormus: Ich glaube, am Anfang, von Anfang an hat man so einen Ansatz gewählt, dass das sehr bürgernah sein muss, und wir machen das nicht um - natürlich machen wir das auch deswegen, um der Verwaltung irgendwie das Leben zu vereinfachen. Aber hauptsächlich geht es darum, dass wir immer denken, was der Bürger oder die Bürgerin braucht und wie man sein oder ihr Leben möglichst einfach macht, und in dem Sinne muss man da sehr bürgernah sein, und ich meine, wir sind nicht 100 Prozent oder nicht mal vielleicht 90 Prozent zufrieden mit unserem System oder Dienstleistungen, weil wir haben immer höhere Anforderungen. Aber das zeigt auch, dass wir, dass wir wirklich auch als Bürger irgendwie streng anfordern, dass die Dienstleistungen auch sehr gut sind, und ich glaube, das ist sehr, sehr wichtig, dass die Regierung so einen bürgernahen Ansatz gewählt hat, und ich glaube, sehr wichtig ist auch, dass unsere Regierung war immer sehr aufgeschlossen für die Kooperation mit Privatwirtschaft. Das heißt, dass der Staat und private Unternehmen, Unternehmer, die haben immer sehr eng operiert, und man hat, die privaten Unternehmen haben noch die Systeme zum größten Teil entwickelt, und in dem Sinne, hier war immer so eine sehr enge Kooperation und der Staat benutzt auch. Das nennt man so, dass das offen zugänglich ist, was entwickelt wird, also Open Source und das ermöglicht auch, dass eigentlich die Firmen da auch die Dienstleistungen draufbauen können und auch die, das hier der Staat sehr eng kooperiert und zum Beispiel, wenn irgendwelche Daten notwendig sind, eine private Lösung zu entwickeln, dann natürlich beachtet man Datenschutz, aber man schafft diese Interaktionen, dass die möglich sind. #00:19:10-7#

Maria Beßler: Ja. #00:19:10-8#

Roomet Sormus: Zum Beispiel, ich habe geschaut, und das kann man, das ist auch übrigens sehr wichtig für die Bürger, dass das sehr transparent ist. Ich habe heute Morgen zum Beispiel nachgeschaut, wir haben so ein Portal Eesti.ee -das ist so ein Staatsportal, und da kann man nachfolgen, wer meine Taten angefragt hat. Zum Beispiel, ich habe geschaut, dass zum Beispiel zu einer Firma, die in Teilen im öffentlichen Verkehrticketsystem entwickelt und anbietet, dass die haben zum Beispiel nachgefragt, ob ich wirklich in Tallin wohne, weil nur für die Bürger in Tallin ist das kostenlos, und die müssen das dann wissen. Aber die bekommen keine Informationen, wo ich genau wohne, sondern ob ich in Teilen angemeldet bin, ja oder nein, und dann wird es freigeschaltet. Diese die für mich, dass ich umsonst dann fahren kann, aber auch andere Behörden zum Beispiel, ich habe, ich bin eigentlich nicht so lange im auch Ministerium, und wenn ich hier angefangen habe, dann habe ich schaut, dass die auch ein Ministerium hat, auch über mich nachgefragt bei irgendwie, ich weiß nicht, wann das vielleicht Einwohnerregister oder irgendwie, dass man so Grunddaten über mich dann nachfragt. #00:20:31-1#

Maria Beßler: Aber könnte man dann, oder könntest du zum Beispiel, wenn du sagst, mir ist jetzt nicht -ich verstehe nicht, warum dieses Amt was über mich nachfragt, könntest du dann auch nachfragen, warum, mit welcher Begründung? #00:20:46-5#

Roomet Sormus: Ja, darum, darum geht es, dass man so ständig die Überwachung hat, dass die Daten irgendwie nicht drum so wild, irgendwie durchgewühlt werden oder keine Ahnung. Meine Mutter arbeitet zum Beispiel im Finanzamt, und manchmal habe ich Interesse, das - kannst du nachschauen, ob ich irgendwie das und das, und die meinte, nee, ich kann das leider nicht machen, weil es ist überhaupt nicht erlaubt, dass die Verwandten oder nahen Verwandten, irgendwie so andere die Daten von Verwandten dann schauen, weil hier natürlich, diese Finanzamt ist vielleicht eine Geschichte. Aber zum Beispiel bei der E-Gesundheit, das ist ganz, ganz wichtig, dass das die, dass die Daten, die da irgendwie gespeichert sind, und das ist, sind sehr viele Daten mittlerweile in unserem Gesundheitssystem gespeichert, welche Krankheiten, welche Medikamenten, alles alles, und natürlich möchte man nicht, dass man da irgendwie ohne Grund nachschaut. #00:21:46-1#

Maria Beßler: Ja. #00:21:46-3#

Roomet Sormus: Das ist schon okay, wenn meine Ärztin das macht, aber die anderen Ärzte, wenn die mich nicht behandeln oder so, müssen das unbedingt nicht anschauen oder dürfen das auch nicht machen, und dann kann man immer nachfragen, wenn du merkst, dass da irgendwie eine Aktivität war, was dir nicht klar ist, dann kannst du das nachforschen. #00:22:06-8#

Maria Beßler: Okay, also wirklich sehr bürgernah, wie du gesagt hast. #00:22:10-4#

Roomet Sormus: Na ja, und das ist diese Transparenz auch, was eigentlich Vertrauen schafft in dem Sinne. Ich glaube, das ist auch eine strategische Wahl gewesen, dass wir das in dem Sinne ganz transparent machen. Ich glaube, wir sind hier, aber auch das einzige Land in der Welt, wo man das wirklich so. #00:22:28-3#

Maria Beßler: So transparent nachvollziehen kann: Okay, super, dann haben wir also schon geklärt, dass es sehr transparent ist. Man braucht für diese digitalen Verwaltungsleistungen die digitale Unterschrift, man braucht einen Internetzugang, man braucht ein Endgerät. Gibt es noch irgendwas, was man braucht? #00:22:45-3#

Roomet Sormus: Nur Endgeräte in dem Sinne, dass ein Handy oder Computer ich meine, wir haben keine spezielle, irgendwie Geräte, die man braucht, um Teilhabe von der vom digitalen Staat zu haben. #00:23:01-6#

Maria Beßler: Das heißt, man muss sich auch nicht extra anmelden für diese Dienste, weil ich glaube also in Deutschland. Ich weiß nicht, wie es jetzt ist, wenn man jetzt einen Personalausweis beantragt, aber ich erinnere mich, meinen letzten habe ich 2016 beantragt, und wenn ich die Online-Funktion haben wollte, musste ich sie extra aktivieren lassen. Sie war nicht automatisch aktiviert. Ist das in Estland schon automatisch? #00:23:24-4#

Roomet Sormus: Ich glaube, das ist der entscheidende Punkt, dass bei uns wird das automatisch freigeschaltet, dann kannst du loslegen, und bei uns gibt's auch nicht wirklich diese Frage mehr. Weil am Anfang musste man auch so ein bisschen Anreize vielleicht schaffen, um die Bürger anzulocken. Zum Beispiel, wenn man über Internet oder ein Online- Portal das gemacht hat, dann hast du irgendwie kleinere Gebühr gehabt oder irgendwie, du warst auch finanziell davon interessiert. Oder ganz am Anfang zum Beispiel diese E- Steuererklärung, was wir ja ganz stolz sind, dass wir das, dass ein normaler Mensch, der nicht so viele Ausnahmen in Anspruch nimmt, kann in drei Minuten die Steuererklärung irgendwie erledigen. Zum Beispiel bei der Steuererklärung hat man so eine Kampagne gemacht. Wenn du das Online machst, dann bekommst du deine Steuer, was du übermäßig bezahlt hast, früher zurück als diejenigen, die zur Behörde gehen und das auf dem Papier machen und mittlerweile fast 100 Prozent oder keine Ahnung? 98 Prozent der Steuererklärungen werden online eingereicht. Das funktioniert eigentlich reibungslos. #00:24:41-9#

Maria Beßler: Okay, und das heißt ja, wenn ich in Berlin zum Beispiel umziehe und eine Ummeldung beziehungsweise Anmeldung in einem neuen Bezirk mache, ist ja eigentlich die Frist zwei Wochen, aber es wird wahrscheinlich nie zu. Ich kann, man kann diese Frist, glaube ich, nie einhalten, weil es im Bürgeramt immer Termine erst in sechs bis x Wochen gibt. Das fällt alles weg, ne! #00:25:03-2#

Roomet Sormus: Ja, weil, das kann man alles schon selbst machen. In Berlin warte ich schon drei Monate auf meinem Bewohnerausweis, und ich scheint, ich weiß nicht, wie ich da rankommen könnte, weil ich träume, dass einmal ich auch vor dem Haus meine Autoparken kann. #00:25:22-5#

Maria Beßler: Es ist bestimmt zu Weihnachten soweit? Okay, also sehr einfach, sehr bürgernah, sehr niedrigschwellig, auch nur von dem, was du alles erzählt hast. Eine Frage zum Abschluss oder was heißt zum Abschluss? Aber eine weiterführende Frage hätte ich noch. Wie also die digitale Verwaltung ist jetzt, wie alt bei euch? 25 Jahre? #00:25:43-6#

Roomet Sormus: Etwa ja, knapp 25 Jahre. #00:25:47-5#

Maria Beßler: Sie braucht auch mal Updates. Wie hält man so eine digitale Verwaltung gut am Laufen? #00:25:52-9#

Roomet Sormus: Na, ich glaube, das ist auch eine sehr entscheidende Frage, weil natürlich braucht man ständig Investitionen, und es ist nicht so, dass du das einmal irgendwie gemacht hast, und dann ist es fertig. Man muss natürlich ständig investieren und wie ich ja auch gesagt habe, dass zum Beispiel diese auch Cyber-Risiken und so weiter, dass die immer anwachsen, und man muss ganz viel da eigentlich investieren, um das auf dem Laufenden zu halten. Und ich glaube, Estland hat so auch gut gute Lösung ausgedacht, zum Beispiel noch über Cyber-Sicherheit, zum Beispiel. Ich, mir fällt ein, dass wir eine Daten-Botschaft in Luxemburg haben und wo die kritischen Daten oder die Server sind und unsere kritische Daten irgendwie abgespeichert sind, um sicher zu sein, wenn, wenn da irgendwie eine Cyber-Attacke kommt, dass das unser System nicht irgendwie zusammenbricht, und das wäre, dass wir die Daten, die wir wirklich unbedingt brauchen, dass wir die auch so abgesichert haben. #00:26:58-6#

Maria Beßler: Dass die nochmal in Luxemburg sind. #00:27:00-0#

Roomet Sormus: Ähm, ja, ich glaube, in dem Sinne muss man auch einfach ständig auf dem Laufenden sein, wie ich mehrmals schon erwähnt habe. Die Herausforderungen auch in dem Sinne wachsen, weil die Bürger einfach bessere und bessere digitale Dienstleistungen möchten oder auf verlangen. Jetzt wird ja ganz viel über künstliche Intelligenz und diese Themen gesprochen, wie man das einsetzt. Hier gibt's es schon auch seit einigen Jahren Projekte, wo wir auch in der öffentlichen Verwaltung versuchen, künstliche Intelligenz einzusetzen, um die Dienstleistungen besser zu gestalten. Oder auch ganz heißes Thema, das sind so proaktive Dienstleistungen, dass du nicht den Staat selbst fragen muss, sondern dass der Staat schon anbietet und weiß, was du brauchst oder was du oder worauf du ein Recht hast. Zum Beispiel noch ein Beispiel ist Kindergeld. Wenn das Kind geboren wird, bekommt ein Kind in seinen Personencode und dann eigentlich, da wird alles aufgebaut. Dann hast du im Prinzip schon Recht auf Kindergeld und und der Staat macht das proaktiv, und du musst das nicht irgendwie selbst gehen und irgendwie beantragen, aber dass du vielleicht nur höchstens dein Bankkonto einreichen musst, und dann bekommst du das oder auch. Das sind so einfache Fälle, dass zum Beispiel, wenn dein Führerschein oder der Pass abläuft, bekommst du rechtzeitig so eine Benachrichtigung. Pass mal auf, du musst deinen Pass austauschen! #00:28:45-4#

Maria Beßler: Dass es nicht passiert, dass man am Flughafen steht und merkt, oh der ist abgelaufen. #00:28:49-0#

Roomet Sormus: Ja, das sind so, dass der Staat irgendwie schon proaktiv benachrichtigt, wenn du irgendwie einen Anspruch hast, und die neue Regierung und Koalitionen, die reden auch über einen personalisierten Staat, dass man dann auch die Bedürfnisse irgendwie von Bürgern besser kennt und wirklich diejenigen unterstützt, die die, die wirklich das brauchen, weil gerade und noch, das ist natürlich eine politische Frage und auch so eine philosophische Frage. Vielleicht jetzt werden manchmal die Förderungen ausgegeben, eben an alle, obwohl die Menschen das gar nicht brauchen. Aber noch, das sind die Gedanken, dass man in Zukunft das vielleicht gezielter macht und dann einfach auch mehr erreichen kann. #00:29:40-8#

Maria Beßler: Ja, das heißt, dazu müsste man dann aber die Daten nochmal anders auswerten oder, wenn man so richtig zugeschnitten haben möchte auf den Bürger, auf die Bürgerinnen? #00:29:51-6#

Roomet Sormus: Na ja, das ist darum, geht es, dass man eigentlich, man hat schon - der Staat hat viele, viele Daten, und es sind nicht nur in Estland. Ich glaube, in Deutschland hat der Staat auch ganz viele Daten und weiß eigentlich ganz viel über die Bürger. Aber jetzt muss man die Daten irgendwie zusammenknüpfen. Das, wir nennen das auch Lebensereignis-basierte-Dienstleistungen oder so. Ja, wenn irgendein Ereignis in deinem Leben ist, dann wirst du irgendwie digital unterstützt, wenn deine Kinder zur Schule zum Beispiel müssen und dann werden vielleicht, ich glaube jetzt nicht, aber in Zukunft vielleicht drei Schulen angeboten in deiner Nähe und irgendwie, dann kannst du aussuchen, welche du, welche du möchtest oder solche Sachen. #00:30:39-6#

Maria Beßler: Okay, also wirklich sehr unterstützend, soweit ich das sehe. Ja okay, vielen Dank. Erstmal gibt es noch etwas, was du sagen möchtest, was du noch nicht gesagt hast?#00:30:51-5#

Roomet Sormus: Es gibt natürlich ganz vieles, worüber man reden könnte. Ich beobachte das auch mehr als Benutzer von diesen Dienstleistungen. Ich entwickle die ja nicht selbst mit. Aber in meinem Leben muss ich schon sagen, ich kann mir eigentlich kaum vorstellen, wenn wir zum Beispiel diese digitale rechtsgültige Unterschrift nicht hätten. Früher, ich musste jeden Tag irgendwie 20 Unterschriften oder irgendwelche Verträge unterschreiben, und wenn man das alles mit Papier macht, das, das ist schon sehr aufwendig, zeitaufwendig und kompliziert und in dem Sinn. Ich glaube, in dem Sinne unserer, diese digitale Unterschrift ist wirklich eine Wunderwaffe. Was das Leben sehr viel einfacher macht, und auch in meiner Arbeit, dass die behördlichen Vorgänge oder so, dass die eigentlich auch alle digital abgewickelt werden, wenn wir da irgendwie etwas abstimmen müssen oder wenn ich irgendwie Urlaubsantrag mache oder was immer da sind, und besonders hier, wenn ich im Ausland. Obwohl, ich arbeite in der Botschaft und bin Teil vom Staat in dem Sinne. Aber ich kann auch ganz einfach mein estnisches Leben regeln, ohne in Estland vor Ort zu sein. #00:32:19-0#

Maria Beßler: Ja, das stimmt das. Es klingt sehr praktisch. Ja, vielen Dank erstmal für diese ganzen Informationen. Ich stelle zum Abschluss gerne immer noch die Frage, was ist denn deine App oder deine Website des Monats? #00:32:35-6#

Roomet Sormus: Ich weiß nicht, ob ich so viele Apps so regelmäßig benutze. Meine Lieblingsapp ist Vikerradio und das ist eigentlich wie Deutschlandradio oder einfach eine Radioapp, was ich regelmäßig höre und benutze und auch Nachrichten oder Sendungen zu hören. Besonders hier, wenn ich in Deutschland bin, möchte ich auf dem Laufenden bleiben, und das ist dann, das geht dann am besten, besonders hier in Berlin, wo man öfters in der U-Bahn sitzt oder irgendwie unterwegs ist. #00:33:07-3#

Maria Beßler: Und das ist auch bestimmt ein Radio, wo sie viel reden. #00:33:09-0#

Roomet Sormus: Das ist ja so eine - früher hat man gesagt, dass das auch so für ältere Menschen ist. Aber vielleicht bin ich… nicht so alt, aber irgendwie aber politikinteressiert und auch in dem Sine passt das mir. #00:33:27-4#

Maria Beßler: Okay, vielen Dank, dass du da warst. #00:33:30-3#

Roomet Sormus: Danke. #00:33:30-5#

Maria Beßler: Danke. Weitere Informationen zu unserem Gesprächspartner findet ihr in der Beschreibung dieser Podcastfolge. Dort haben wir euch auch andere wichtige Infos aus der Folge verlinkt, und wenn ihr auf dem Laufenden bleiben wollt, dann schaut gerne bei DiFü News vorbei. In den DiFü News findet ihr Neuigkeiten aus dem digitalen Alltag, und im Lernangebot des Digitalführerscheins könnt ihr euch euer Wissen auch zertifizieren lassen. Ich bin Maria Beßler. Danke, dass ihr zugehört habt. Abonniert uns gern, und bis zum nächsten Mal! #00:33:55-4#

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